So klingt der perfekte Popsong: Die Nummer 1 am Big-Data-Reißbrett


Angenommen, man ginge nach dem Reißbrett vor: Wie klänge nach den Analysen von Big Data der perfekte Popsong? Eines ist klar: Anders als vor zehn oder 20 Jahren.

Vinyl-Boom hin oder her: Das Geschäft mit den Tonträgern lahmt weiter. Die Musikindustrie sucht daher neue Geschäftsmodelle.
 Big Data ist der Trend: Digital kommunizierende Hörer geben bereitwillig unzählige Informationen über ihre Vorlieben preis. IT-Experten filtern daraus Aussagen über die Beliebtheit von Songs und 
Künstlern, aber auch über Markenaffinitäten und Konsumgewohnheiten. Früher hörten wir unsere Platten privat. Heute nutzen wir Musik 
digital – und werden dabei immer gläserner.

Angenommen, man ginge nach dem Reißbrett vor: Wie klänge nach den Analysen von Big Data der perfekte Popsong? Eines ist klar: Anders als vor zehn oder 20 Jahren.

Wo ist da der Hit?
Die Ergebnisse eines Forschungsteams von der Uni Bristol zeigen, dass sich die Parameter der erfolgreichsten Songs in den UK-Charts immer wieder änderten. Beispiel Tanzbarkeit: In den 70er-Jahren spielte der Faktor kaum eine Rolle, ab den 80ern stieg die Bedeutung immer weiter an, bis die Tendenz von 1995 bis 2000 rückläufig war, nur um danach wieder anzusteigen. Dagegen waren simple Harmonien viele Jahre lang erfolgsfördernd – seit 2002 ist der Effekt leicht negativ. Was die Texte betrifft, stellte BBC Radio 1 im Frühjahr 2015 eine Begriffswolke mit den Wörtern zusammen, die in den Songs der High Rotation am häufigsten vorkommen. Die britische Band To Kill A King hat sich den Scherz erlaubt, einen Song mit möglichst vielen dieser Wörter zu schreiben. Leider hat die Gruppe vergessen, sich beim Songwriting etwas Mühe zu geben – aber amüsant ist es schon.

Wer folgende Big-Data-Erkenntnisse beachtet, hat auf dem Papier beste Chancen auf einen Hit:

Text:

Die beliebtesten Wörter der größten Radiohits der BBC: Now, wanna, really, yeah, love, like, feel, want, got, go, get make, every, never, need, night, younger

Musik:

Tempo: zwischen 90 und 109 Beats per minute, wenn es schneller sein soll, dann direkt mehr als 190 bpm. Eher mies ist die Prognose bei einem Tempo zwischen 130 und 149 bpm.

Man schunkelt gern: ein Dreiviertel- oder Sechsachteltakt verbessert die Chancen.

Tanzbarkeit ist wieder angesagt: Je höher die „dance-ability“, desto größer die Erfolgsaussichten.

Moll oder Dur? Big Data sagt: ist egal.

Es darf nicht zu simpel sein: Sehr einfach gestrickte Harmonien kommen derzeit weniger gut an, als noch in den 90er-Jahren.

Die Beats dürfen gerne abwechslungsreich sein: Songs mit rhythmischen Variationen sind beliebt.

Auffällig viele Hit-Songs dieser Jahre bieten viel Geklimper und Geknister neben der Hauptharmonie.

Und dann noch:

nicht zu aufdringlich sein. Songs, die vor Energie zu platzen drohen, haben geringere Hitchancen. Die Leute mögen es in den Charts heute lieber nett-plätschernd.

Wer sich nun fragt, wer diese Richtlinien bestmöglich umgesetzt hat und bei wem der Song trotzdem kein Hit wurde – auch hier schafft das Forschungsteam der Uni Bristol Abhilfe. Erwartbare Hits waren zum Beispiel „Crazy“ von Gnarls Barkley, „Fit But You Know It“ von The Streets und „No Scrubs“ von TLC, unerwartete Hits hingegen „Man In The Mirror“ von Michael Jackson, „Leave Before The Lights Come On“ von den Arctic Monkeys und „November Rain“ von Guns N’Roses. Begründung: zu lang, zu wenig tanzbar, harmonisch simpler als anderer Song dieser Zeit. das Musikvideo dürfte viel rausgerissen haben:

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Mehr über Big Data erfahrt Ihr in der Februar-Ausgabe des Musikexpress.