SO KLINGT MEIN LEBEN


Manche Platten verändern alles. Diesmal mit:

Fran Healy

Fran Healy empfängt uns mit Sonnenbrille. Er habe, so sagt der Kopf der Band Travis, am Abend vorher bis tief in die Nacht an Arrangements gearbeitet – am Tag des Interview findet ein Akustik-Gig statt. Trotzdem führt er uns freundlich durch die Songs, die sein Leben prägten, und nimmt irgendwann sogar die Sonnenbrille ab.

Der erste Song, an den ich mich erinnere …

BLONDIE – HEART OF GLASS

Bei uns zu Hause lief keine Musik, wir hatten nicht einmal einen Plattenspieler. Ich bekam Pop nur dann mit, wenn er eben irgendwo anders gespielt wurde. Das erste Lied, an das ich mich bewusst erinnern kann, ist „Heart Of Glass“ von Blondie. Ich muss fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein und auf dem Weg zur Schule. Da hatte ich das ständig im Ohr. Wenn ich heute an diesen Song denke, dann sehe ich auch den Bürgersteig vor mir und mich als kleinen Kerl. Eigene Erinnerungen, Erzählungen, all das verschwimmt dann plötzlich.

Meine liebste Britpop-Platte ist …

OASIS – (WHAT’S THE STORY) MORNING GLORY?

Ich möchte vorausschicken, dass ich uns nie als Teil dieser ganzen Britpop-Bewegung gesehen habe. Im Gegenteil, in England gelten wir als die Band, die mit „Why Does It Always Rain On Me?“ Britpop endgültig getötet hat. Ich kannte einige der Protagonisten. Zum Beispiel Louise Wener der späteren Britpopper Sleeper noch aus Zeiten, in denen sie in der Band Surrender Dorothy spielte. Den größten Einfluss hatten auf mich damals wohl Oasis. Deren Songs waren eingängig, Hymnen, aber auch Pop. Und irgendwie auch Kinderlieder. Sie spielten Gitarren, die ich spielte, und hatten eine ganz interessante Maskulinität.

Die schwierigste Coverversion ist …

BEATLES – LOVELY RITA

Ich bin eher ein Song-Typ, das Stück ist mir meistens wichtiger als die Band. Das erklärt, warum wir schon 2001 mit „Baby One More Time“ von Britney Spears einen ganz simplen Popsong nachgespielt haben. Machen heute, zehn, zwölf Jahre später, ja alle. Damals war das aber noch sehr ungewöhnlich. Dabei hat die Nummer eine wunderbare Struktur, und wenn man sich den Text durchliest, erkennt man da viele Abgründe. Schwierig war ein anderer Song. „Lovely Rita“ von den Beatles nahmen wir mal für irgendein SGT PEPPER’S-Jubiläum auf. Ich sag’s dir, das hat einen Bass, der ist so schwierig zu spielen, Beethoven ist ein Dreck dagegen. Nie wieder!

Vor den Arbeiten an WHERE YOU STAND hörte ich …

BEACH HOUSE – TEEN DREAM

Ich bin nicht der Typ, der sich wahnsinnig viele neue Platten kauft. Wenn ich mit der Band unterwegs bin, bin ich der, der wie die Freundin vorm Plattenladen wartet und sich die Beine in den Bauch steht. Deshalb beschäftige ich mich nicht mit so arg viel neuer Musik. TEEN DREAM hörte ich das erste Mal im Urlaub. Ich war in der Karibik, St. Barth. Wunderbare Insel mit ganz tollem Flair. Kopfhörer auf den Ohren, das Meer im Blick. Wunderbare Melodien, sowohl was den Gesang als auch was die Gitarre angeht.

Im Kinderzimmer läuft …

PSY – GANGNAM STYLE

Es ist wie früher bei mir: Im Hause Healy herrscht meistens Stille. Neulich feierte mein Sohn seinen siebten Geburtstag. Da stellte ich also eine Playlist für 20 Kinder zusammen. Ich kaufte bei iTunes noch schnell „Gangnam Style“, ich dachte, das würde mich zu einem echt coolen Daddy machen. Da verließ er kopfschüttelnd den Raum, was ich ganz gut fand. Mittlerweile hat sich das leider umgedreht. Er liebt den Song. Erst gestern hat er einen Kinder-Sampler gewonnen, wo das drauf ist. Außerdem „I Follow Rivers“ und „Sexy And You Know It“ von LMFAO. Ja, ich habe mir den Arsch abgelacht. „Sexy And You Know It“? Auf einer CD für Sechsjährige? Völlig bizarr.

Mit seiner Band Travis schrieb Fran Healy nicht nur Hits wie „Sing“,“Driftwood“ und „Why Does It Always Rain On Me?“: Das bald erscheinende WHERE YOU STAND ist bereits das siebte Album der Schotten, die 1996 aus Glasgow mitten in den Britpop-Hype Londons zogen. Zuletzt veröffentlichte der 39-Jährige 2010 sein Solodebüt WRECKORDER. Healy wohnt heute mit seiner Familie in Berlin.