Konzertbericht

Lärm und Erkenntnis: So war das Death-Grips-Konzert in Berlin


Zwischen Waterboarding und Urschreitherapie: Die härteste HipHop-Band der Welt filetiert das Berghain.

Es gab vor einiger Zeit einen hervorragenden SNL-Sketch, in dem Andy Samberg einen frenetisch bejubelten EDM-DJ namens DaVincii spielt: Dessen Bassdrop ist so überwältigend, dass sich die verzweifelten Menschen auf der Tanzfläche gleich ein Samurai-Schwert in die Brust rammen, weil sie der Musik nicht würdig sind. Eine Szene, die man sich bei einem Death-Grips-Konzert gut vorstellen könnte: Wenn man irgendwo die Kontrolle über sich aufgibt und vor der Musik kapituliert, dann in diesem nicht enden wollenden Lärm. Schon der Eröffnungssong macht klar, wer der Chef im Ring ist: „Whatever I Want (Fuck Who’s Watching)“.

„Bei einem Auftritt in Chicago im Jahr 2013 ließen Death Grips ihr Album vom Band laufen, während sie selbst nicht mal in der Stadt waren“

Death Grips haben sich ihren Ruf als zweifelhafte, unzuverlässige Liveband hart erarbeitet: Oft wurden Konzerte oder ganze Touren abgesagt, bei einem Auftritt in Chicago im Jahr 2013 ließ die Band ihr Album vom Band laufen, während sie selbst nicht mal in der Stadt war. Doch wer einmal das Glück hat, Death Grips tatsächlich erleben zu können, wird für eineinhalb Stunden zu deren Geisel. Drummer Zach Hill, Knöpfchendrücker Andy Morin und Rapper MC Ride prügeln sich durch ihr Set, ohne auch nur ein einziges Mal eine Pause von mehr als drei Sekunden einzulegen. Hill peitscht auf sein Schlagzeug ein wie ein wild gewordenes Tier. Und der majestätische MC Ride sieht in seinen Posen aus wie eine zum Leben erweckte Statue.

Wer mit dem Werk der Band nicht vertraut ist, wird hier größtenteils Lärm hören. Doch wer die Feinheiten in den Songs bereits kennt, für den hat der Abend des 27. Oktober 2016 im Berliner Berghain eine geradezu heilsame, entschlackende Wirkung. Insbesondere die harten Songs wie „Leopard Skin Pillbox Hat“ und „Giving Bad People Good Ideas“ werden im Moshpit geradezu sektenartig zelebriert. Lieder mit leiseren Passagen, wie zum Beispiel „Birds“, haben es gar nicht erst auf die Setlist geschafft: Death Grips halten die Spannung konstant.

Umso schöner ist es, wenn aus all der Monotonie ein kurzer Moment der Erkenntnis entspringt: Wer in „Up My Sleeves“ innehält, kann tatsächlich unter einer dicken Noise-Schicht das Björk-Sample heraushören, auf dem der Song basiert. Ihre Stimme klingt wie ein Geist, der im Lautsprecher gefangen ist. Sie hätte das Konzert bestimmt genossen.

Death Grips live im Berliner Berghain – die Setlist:

Whatever I Want (Fuck Who’s Watching)
Bubbles Buried in This Jungle
Get Got
World of Dogs
Hot Head
No Love
Inanimate Sensation
Giving Bad People Good Ideas
Up My Sleeves
Lock Your Doors
Why a Bitch Gotta Lie?
I’ve Seen Footage
Come Up and Get Me
Full Moon (Death Classic)
You Might Think He Loves You for Your Money but I Know What He Really Loves You for It’s Your Brand New Leopard Skin Pillbox Hat
Hustle Bones
Guillotine