Summer of Love: Die 60er und 70er kommen wieder in Mode


Der Sommer 2015 wird modisch eine Ode an die wilden Zeiten der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre. Und das obwohl wir doch eigentlich schon genug Wildes haben. Oder vielleicht gerade deswegen? Jan Schmechtig mit einem Erklärungsversuch.

Prinzipiell haben wir in der Mode alles schon einmal mitgemacht – und uns regelmäßig geärgert, dass wir das ein oder andere Stück von Mutti oder Vati schon verkauft oder weggegeben haben, obwohl man es wieder hätte rauskramen können. Jetzt ist es wieder mal soweit: die späten Sechziger und frühen Siebziger kehren zurück. Und da wird modisch alles aufgefahren, was man sich vorstellen kann: Tuniken für Männer, Hippiekleider und sogar die Jeans bekommen wieder Schlag.

Auch die Vertikalen wie Topman zeigten Ende letzter Woche auf den „London Collections: Men“ eine Kollektion voll mit Reminiszenzen an die 70er Jahre. Bedeuten diese Neuauflagen schlechte Zeiten für Hipster oder vielleicht sogar ein neues Straßenbild in den Großstädten? Auf jeden Fall brauchen die Designer dafür die richtigen Kampagnengesichter und Testimonials.

So fährt Saint Laurent für sein Music Project passend zur aktuellen Psych Rock-Kampagne Joni Mitchell auf und lässt sie, gekleidet wie damals im Heute, vor der Kamera posieren. Und auch Celine holt eine Größe der Siebziger als Kampagnenmodel vor die Linse. Joan Didion, Intellektuelle und bis heute Stilikone, sitzt von Juergen Teller fotografiert mit riesiger Sonnenbrille auf dem Sofa.

Aber warum auf einmal das Interesse an dieser Epoche? Es waren keinesfalls nur LSD-Trips und Psychedelic Rock. Es war auch die Zeit der Hippies, Flower Power und des toleranten Miteinanders – in jederlei Hinsicht. Das momentane Zeitgeschehen lässt all diese Aspekte mehr oder weniger vermissen. Vielleicht ist es also kein Zufall, dass man sich ausgerechnet jetzt in der Mode auf ein vergleichsweise buntes und unbeschwertes Modezeitalter konzentriert. Es ist eben so, dass Mode, so oberflächlich sie sein mag, immer auch Spiegel des Zeitgeschehens ist. Oder in diesem Fall eben Flucht beziehungsweise Ausgleich.

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Jan Schmechtig bloggt unter Horstson.de über Männermode und Musik – und in loser Regelmäßigkeit auf musikexpress.de.