Talente – zu gut zum Vergessen


Man muß schon einige Lenze auf dem Buckel haben, um ihn noch zu kennen: Vor genau 20 Jahren sang sich der 16jährige Alex Chilton mit seiner Gruppe The Box Tops und Hits wie „The Letter“ oder „Cry Like A Baby“ in die Charts. Nach langer Sendepause versucht es Alex jetzt noch einmal. Seine jüngste LP HIGH PRIEST ist eine Reise zu den musikalischen Wurzeln der amerikanischen Musik, manchmal gar nicht so weit entfernt von Los Lobos. In den nächsten Wochen ist Chilton auf Deutschland-Tour. Sie möchte Mickey Rourke den „schmutzigen Rücken“ lecken, sie sieht aus wie 12 (und ist 20), macht als Mutter eine LP und hat dabei „keine Ahnung von Musik „sie trägt einen kahlgeschorenen Kopf und hört auf den Namen Sinnead O’Connor. Ihre Musik hat etwas mit New Age zu tun, doch nicht soviel, daß die gebürtige Irin ihre Vergangenheit darüber vergißt: als Teen auf der Straße vom Klauen gelebt und schließlich im Heim für schwer erziehbare Kinder gelandet. THE LION AND THE COBRA heißt ihr bemerkenswertes Debütalbum. Die Kritik schwelgt in Superlativen, wenn s um die amerikanisch-schottische Rock-Allianz namens Strangeways geht: „Das perfekteste Melodic-Rock-Album aller Zeiten“

attestiert man den Brüdern lan und David Stewart, Jim Drummond sowie Terry Brock für ihren Zweitling NATIVE SONS. Trotzdem, auch ohne branchenübliche Übertreibungen gilt: Platinverwöhnte Mega-Seller wie Foreigner oder Journey werden auf der Hut sein müssen. Auf der Straße würde man an Paul Carrack achtlos vorbeigehen: Stirnglatze, Knubbelnase, Jeans und T-Shirt, „Tja“, meint der Mann aus Sheffield, „ich bin der typische Anti-Star“. Als Keyboarder hat er eine bewegte Vergangenheit (Ace, Roxy Music, Squeeze, Mike & The Mechanics, Roger Waters) hinter sich, nur solo wollte es nie so recht klappen. Seine bisherigen Platten bekamen zwar überall gute Kritiken, doch Familienvater Carrack hat trotzdem Sorgen: „Ich muß von irgendwas leben, und Kritiker bezahlen deine Rechnungen nun mal leider nicht.“

Mit seinem aktuellen Album ONE GOOD REASON setzt er aufs Ganze: „Wenn es jetzt nicht klappt, bin ich aus dem Spiel.“