„The Comey Rule“ auf Sky: 5 Gründe, warum die Enthüllungsserie nicht funktioniert


Eine Miniserie über den Ex-FBI-Chef James Comey, dessen Verhalten Trump wahrscheinlich zum Sieg verhalf, klingt spannend. Hier sind 5 Gründe, warum sie trotzdem nicht funktioniert.

Nur wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA zeigte Showtime eine Miniserie über den ehemaligen FBI-Direktor James Comey. Hierzulande ist sie seit Montag auf Sky zu sehen. Im Fokus steht zunächst der Umgang der Behörde mit Hillary Clintons E-Mail-Skandal, dessen erneutes Hochkochen sie wahrscheinlich die Präsidentschaft kostete. Nach dem Wahlsieg Donald Trumps geht es vor allem um das belastete Verhältnis Comeys zum neuen Präsidenten, das in dessen plötzlicher Entlassung mündete.

Das alles klingt spannend und hochaktuell. Doch leider wollen die vier Folgen nicht richtig zünden – schlimmer noch, sie vernebeln die Fakten. Wir stellen die fünf wichtigsten Gründe vor, warum die Enthüllungsserie einfach nicht funktioniert.

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1. Wir wissen, was passiert

Das erste große Problem von „The Comey Rule“ besteht darin, dass wir bereits wissen, was geschehen wird und die Ereignisse noch nicht weit zurückliegen. James Comey (Jeff Daniels) schloss im Juli 2016 zunächst die Akten zum E-Mail-Skandal. Das FBI kam zu dem Schluss, dass eine Anklage gegen Hillary Clinton unverhältnismäßig sei. Die Tatsache, dass sie während ihrer Zeit als Außenministerin private Server für ihre Kommunikation nutzte, sei zwar fahrlässig, aber nicht triftig genug gewesen, um ihr Verhalten mit einer Strafe zu belegen. Doch dann tauchen neue Hinweise auf, Comey muss sich entscheiden, ob er nur zwei Wochen vor der Wahl die Öffentlichkeit über neuerliche Investigationen informieren will. Er tut es, um einen „Leak“ zu vermeiden, in der Folge wird ihm Wahlbeeinflussung vorgeworfen.

Und dann? Genau: Donald Trump gewinnt. Als kurz nach seinem Wahlsieg bekannt wird, dass das FBI auch gegen den republikanischen Kandidaten ermittelte, in diesem Fall aber auf eine Bekanntmachung verzichtete, wird Comey von den Demokraten und ihren Anhänger*innen angefeindet. Der Grund für die Ermittlungen: Potenzielle Wahlbeeinflussung durch Russland und Trumps zweifelhafte Beziehungen zu Moskau. Der neue Präsident scheint zunächst begeistert von Comey, entlässt ihn aber im Mai 2017 eiskalt, nachdem das FBI die besagten Untersuchungen fortsetzte.

Das alles ist bekannt und im Detail aus deutscher Perspektive nicht sehr spannend – was uns zum zweiten Grund führt.

2. Die Präsentation ist zäh

Die Geschehnisse um James Comey sind harter Tobak. Aber die Serie ist nicht nur eintönig, weil wir bereits wissen was passiert, sondern auch weil die Ereignisse total zäh präsentiert werden. Die Miniserie nimmt einen viel zu großen Bogen, in dem sie sich ausschließlich um James Comey kümmert. Klar, das Format heißt schließlich „The COMEY Rule“ – um einen so genauen Blick auf eine einzelne Figur zu werfen, braucht es allerdings einen spannenden, mehrdimensionalen Charakter. Eigentlich sollte ein Mann in einer derart wichtigen Position in sich interessant sein. Doch dafür kümmert sich die Miniserie zu wenig um den Menschen hinter dieser Position.

In kurzen Zwischensequenzen wird immer mal die Familie des FBI-Direktors gezeigt, die sichtlich unzufrieden mit den Entscheidungen Comeys ist, ihm aber den Rücken stärkt. Seine Ehefrau (Jennifer Ehle) und Töchter verabscheuen Donald Trump für sein sexistisches Auftreten, gehen nach seiner Wahl demonstrieren. Statt sich mit diesem durchaus interessanten Spannungsfeld und der Frage, wie Comey damit umgeht, ausgiebiger zu beschäftigen, bleibt James Comey ein phrasendreschender Technokrat.

3. Ein Held, wo keiner ist

Apropos „Phrasen“. Erstaunlich oft nimmt sich die Miniserie Zeit für Ansprachen des FBI-Direktors. Darin redet er darüber, was einen guten Anführer ausmacht, wie wichtig das Bureau sei und wie großartig es sei, den USA dienen zu dürfen. Für die Miniserie scheint festzustehen: Dieser James Comey ist ein wahrer amerikanischer Held. Ein schüchterner und fehlerbehafteter zwar, aber immer noch ein Held!

An diesem Image basteln die ersten beiden Folgen besonders stark. Der Höhepunkt ist dann zur Hälfte der Spielzeit erreicht, wenn Regisseur und Drehbuchautor Billy Ray (schrieb „The Gemini Man“) jeden Zweifel über Comeys Haltung einfach vom Tisch wischt. Dass das FBI über die Ermittlungen gegen Hillary Clinton sprach, geschah aus reinem Pflichtgefühl heraus. Warum Comey über die Ermittlungen gegen Trump Stillschweigen bewahrte? Das wird nicht untersucht. Hier vernebelt die Serie lieber, als nach Fakten zu suchen, um ihren Helden behalten zu können. Doch was an Comey so richtig heldenhaft sein soll? Keine Ahnung.

4.  Trump ist beinahe Randfigur

Obwohl die Miniserie vor allem mit dem Zweikampf zwischen James Comey und Donald Trump beworben wird, spielt ihre wachsende Antipathie erst ab der dritten von vier Folgen eine Rolle. Erst dann beginnt nämlich seine Präsidentschaft. Das, was wir von Donald Trump zu sehen bekommen, ist erstaunlich gut gemacht. Die Szenen zeigen den amtierenden Präsidenten als leicht debilen Charakter ohne jegliches politisches Feingefühl oder Wissen. Brendan Gleeson (bekannt aus mehreren „Harry Potter“-Filmen) wird der schwierigen Figur gerecht, er klingt Trump sogar zum Verwechseln ähnlich. Umso ärgerlicher ist es, dass er nur so wenig Bildschirmzeit zugestanden bekommt.

Das Rededuell zwischen Comey und Trump, als der Präsident jegliches Protokoll übergeht und den FBI-Chef zu einem privaten Dinner ins Weiße Haus einlädt, ist preisverdächtig. Aber leider in ein wenig überzeugendes Serienprodukt verpackt.

5. Im Zweifel richtet die Serie Schaden an

Billy Ray hat sich dafür eingesetzt, dass Showtime die Miniserie nicht nach, sondern am 27. und 28. September und damit noch vor den US-Wahlen zeigte. Das macht deutlich, wie sehr die Serienmacher*innen darauf hoffen, durch „The Comey Rule” an Donalds Trump Image zu sägen. Doch mal ganz ehrlich: Braucht es dafür noch eine Miniserie über den Beginn seiner Präsidentschaft? Wer nach vier Jahren noch nicht eingesehen hat, was für ein „Anführer“ Trump ist, wird es auch durch diese vier Folgen nicht tun.

Im Gegenteil: Wenn „The Comey Rule“ das Meinungsbild in irgendeiner Form beeinflussen sollte, dann im Zweifelsfall zum Nachteil der Demokraten. Der Partei wird ohnehin vorgeworfen, das liberale Hollywood an seiner Seite zu haben, das die öffentliche Stimmung zu ihren Gunsten beeinflusse. Eine Serie, die Comey zum Helden kürt und dafür gerne mal den Blick von den Fakten abwendet, liefert diesem Vorwurf zusätzliches Futter.

Alles in allem ist „The Comey Rule“ leider enttäuschend. Schade, denn anders konzipiert, hätte die Miniserie neue spannende Einblicke liefern und vielleicht wirklich einen kleinen feinen Unterschied machen können. So ist sie höchstens für diejenigen interessant, die von den Geschehnissen vor der US-Wahl 2016 nicht viel mitbekommen haben und nochmal eine kleine Geschichtsstunde nehmen wollen. Geduld braucht es allerdings auch dann.

Alle vier Folgen von „The Comey Rule“ werden ab 20.15 Uhr auf Sky Atlantic ausgestrahlt. Parallel ist die Miniserie auch auf Sky Ticket und Sky Q zu sehen.

Sky Atlantic
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