Kritik

„The Goop Lab with Gwyneth Paltrow“: Pseudowissenschaftliche Infomercial oder innovative Wellness-Unterhaltung?


Die neue Netflix-Serie „The Goop Lab with Gwyneth Paltrow“ widmet sich alternativen Lifestyle-Themen und versucht, diese sowohl wissenschaftlich als auch praktisch zu beleuchten. Mit wie viel Erfolg, erfahrt Ihr hier.

Wenn der Name Gwyneth Paltrow und ihre Luxus-Lifestyle-Marke „Goop“ in einem Satz fallen, dann ist die erste Assoziation meist vaginaler Art. Ob durch die Vermarktung einer überteuerten Kerze mit Paltrows Intimduft oder die höchst fragwürdige Empfehlung von Jade-Eiern, die Goop sogar zivilrechtliche Sanktionen einbrachte: Die Hollywood-Schauspielerin weiß, wie man für Schlagzeilen sorgt.

Gwyneth Paltrow verkauft den Geruch ihrer Vagina als Kerze

Von diesem zweifelhaften Ruf als pure Wohlstandswellness-Ikone möchte Cool-Girl Gwyn nun jedoch weg: Und zwar mit Hilfe ihrer neuen Netflix-Serie „The Goop Lab with Gwyneth Paltrow“, die sich alternativen Gesundheits-,  Schönheits- und Lifestyle-Themen widmet und diese nicht nur „wissenschaftlich“ beleuchtet, sondern im Selbsttest direkt in die Praxis überträgt.

Auf der Suche nach einem längeren, schöneren und zufriedeneren Dasein

Angeführt von Paltrow selbst und ihrer Chief-Content-Beauftragten Elise Loehnen, begibt sich die überdurchschnittlich attraktive Goop-Belegschaft im Laufe der insgesamt sechs Episoden nach Jamaika, Kanada und in halluzinogen herbeigeführte Bewusstseinssphären, um herauszufinden, auf welchem Weg sich ein längeres, schöneres und zufriedeneres Dasein auf dieser unseren Erde erreichen lässt.

Sexualpädagogin Betty Dodson weiß, dass viel zu wenig Frauen ihren eigenen Körper lieben oder ihn überhaupt in all seiner Gänze kennen.

Mit einem sorgfältig formulierten Disclaimer hat sich Goop schon im Vornherein gegen mögliche Klagen wegen unbedachter Lemming-Nachahmungen der in der Serie vorgestellten Eingriffe gewappnet. Weiterhin sollen Interviews mit führenden Experten und Forschern der jeweiligen Themenfelder für eine möglichst wissenschaftliche Grundlage sorgen. Das klappt in manchen Fällen ganz gut. So etwa in den ersten drei Episoden, die sich mit den medizinischen und therapeutischen Vorzügen psychoaktiver Substanzen, Körperpositivität und dem Nutzen von Kälte auseinandersetzen.

Die „Mind Over Matter“-Methode

Wenn auch nur recht oberflächlich erhält der Zuschauer hier unter anderem einen Einblick in die Wim-Hof-Methode. Dabei wird der Körper durch kontrolliertes, hyperventiliertes Atmen und extreme Kälte für kurze Zeit absichtlich in einen Stresszustand versetzt, um Körper und Geist gegenüber psychischen und physischen Stressstimuli resistent zu machen. Tatsächlich ist der Erfinder und Namensgeber dieser „Mind Over Matter“-Methode selbst hier das überzeugendste Beispiel für die tatsächliche Wirkung der Dreisäulen-Therapie. So hält Hof nicht nur eisigen Temperaturen und der Injektion von Krankheitserregern stand, sondern ist außerdem immer wieder Teil seriöser Studien, die seine Theorie untermauern.

Der Mann, den weder Kälte noch psychischer Stress aus der Ruhe bringen: Wim Hof.

Gefahren und Nebenwirkungen werden verschwiegen

Anders verhält es sich jedoch leider mit dem Großteil der später behandelten Themen. Während Paltrow und Co. beispielsweise ihr körperliches Alter mit Hilfe verschiedener Diäten mit unterschiedlichem Erfolg reduzieren, bleibt eine tiefer gehende Erklärung der Vor- und Nachteile besagter Ernährungsweisen aus.

„Kinrgy“: Ganzheitliche Heilbehandlung oder esoterischer Humbug?

Die zwielichtigsten Inhalte haben sich Gwyn und ihre Kolleg*innen jedoch, vermutlich nicht ohne Grund, fürs Ende der „informativen Unterhaltungssendung“ aufgehoben. So ist die Episode über die durch Tänzerin Julianne Hough berühmt gemachte Kinrgy-Behandlung im besten Fall eine Mischung aus durchaus zutreffenden Statements über den Zustand unserer Gesellschaft („Wir stellen in der westlichen Welt Leistung über Selbsterfüllung“) und ausschließlich auf anekdotischer Evidenz basierender Hypothesen. Und auch der Ausflug in die Welt bezahlter Hellseher und Medien bewegt sich zum Großteil am Rande des Lächerlichen.

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Gefährlich wird es dann, wenn es Paltrow und Co. komplett versäumen, vor möglichen Nebenwirkungen und Gefahren der von ihnen vorgestellten Praktiken zu warnen. So etwa im Fall des sogenannten „Vampire Facials“, bei dem Patient*innen mit dem Ziel eines jünger wirkenden Teints ihr eigenes Blutplasma ins Gesicht gespritzt wird. Nicht nur, dass eine tatsächliche Wirkung dieses kosmetischen Eingriffs bisher nicht offiziell nachgewiesen werden konnte; tatsächlich musste zuletzt ein Spa in Albuquerque seine Pforten schließen, weil sich Patienten bei besagter Therapie eine HIV-Infektion eingefangen hatten.

Unterm Strich bleibt „The Goop Lab“ damit leider eine größtenteils pseudowissenschaftliche Esoteriksendung in pastelliger Start-up-Verkleidung, die zwar zum Nachdenken anregt, jedoch auf gar keinen Fall für pures Gold genommen werden sollte.

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„The Goop Lab with Gwyneth Paltrow“ ist seit dem 24. Januar 2020 auf Netflix im Stream verfügbar.

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