Gelogen haben sie nicht, die da im Radio – der 1LIVE Salon ist wirklich kaum größer als ein Wohnzimmer (zugegebenermaßen allerdings als ein Wohnzimmer der etwas Wohlhabenderen unter uns). Wer nun allerdings Plüsch und Behaglichkeit erwartet, hat sich geirrt, fand man sich doch in einem großzügig verglasten Funktionstraum wieder. Freier Eintritt, ein exklusives Konzert vor etwas mehr als 100 Zuschauern und der Blick aus der vierten Etage über den Kölner Mediapark bei einsetzender Dämmerung entschädigen aber für vieles. Und dann war da ja auch noch die Musik.Das aktuelle Notwist-Album THE DEVIL, YOU + ME ist ja ein eher ruhigerer Vertreter der Spielwiese „Musik“, dementsprechend war ich schon ein wenig skeptisch, was mich dort auf der Bühne erwarten würde – wie setzt man diese Songs um, wie ist die Atmosphäre, wird es auch laute Töne geben oder weicht all das einem sanft untermalten, unspannenden Schlummern? Die Auflösung vorweg: Nichts an diesem Abend war unspannend. The Notwist spielten eine gelungene Mischung aus neuen Songs und den großen Momenten von NEON GOLDEN, immer an den richtigen Stellen unterbrochen von den Gitarrenwänden früherer Lieder, die ein Wegdämmern absolut unmöglich machten – eine gelungene Mischung, ein toller Spannungsbogen. Und auch die ruhigeren Songs hatten es in sich. Was auf Platte ruhig und unaufgeregt daherkommt, entwickelt live eine besondere Dynamik, an jeder Ecke fiept, knistert und zischt es, entstehen ganz eigene Songs, und als Liebhaber von a) Melodien und b) Geräuschen gibt es an diesem Abend keinen besseren Platz zum Sein als diesen Funktionsraum im vierten Stock des Gebäudes 5 im Kölner Mediapark. Nach grandiosen Versionen von „Pilot“ und „Pick Up The Phone“ endete das Radiokonzert, The Notwist aber haben vor Ort noch eine gute halbe Stunde weitergespielt. Es hätten zwei sein dürfen, die ganze Nacht oder für immer – wie hätte man sich wehren können, wenn man a) Melodien mag und b) besondere Momente, in denen alles stimmt.

oasupp – 27.05.2008