The Sweet: ‚Live‘ sind wir unheimlich heavy


"Wir sind von Anfang an eine theatralische Gruppe gewesen und haben schon immer make-up gebraucht. Man behauptet, wir wären Nachläufer des neuen Trend, aber das ist nicht wahr. Wir sind keine Kabarettgruppe und wir spielen auch keinen Bubble-Gum. Wir machen Musik, die auf Rock und auf Pop basiert. Pop bedeutet populär, man kann also sagen, dass wir populären Rock spielen."

The Sweet produzieren kommerzielle Popmusik. Laut, synthetisch und plump. Jede Single wird unerbittlich ein Hit. Wer die Erfolgsformel der Gruppe kennt, kommt zu der Entdeckung, dass jede Single in ihrem Genre ein Meisterwerk ist. Obwohl die Popkritiker den Sweet nach der Veröffentlichung von ‚Funny Funny‘ nur eine Lebensdauer von etwa drei Wochen voraussagten, macht die Gruppe – inzwischen drei Jahre später – stets grössere Hits. Ihre letzte Platte ‚Ballroom Blitz‘ erreichte schon mit ihren Vorbestellungen die Top Zehn in England. Die ältere Generation findet den stageact der Sweet banal, Clubbesitzer in England wollen deshalb die Gruppe nicht in ihren Clubs auftreten lassen. Aus dem gleichen Grund wurde die Band vor eineinhalb Jahren in Belgien verhaftet… Wir treffen die Sweet in London und philosophieren ein wenig über die Gegenwart und die Vergangenheit. Die Gruppe hatte gerade einen 4-wöchigen Urlaub hinter sich, der dringend nötig gewesen war. „Wir vertrugen uns überhaupt nicht mehr und das einzig Richtige war, sich eine Zeitlang nicht mehr zu sehen. Es hat geholfen, denn inzwischen sind wir wieder eine echte Einheit.“

STREIT UND DER ERSTE HIT

„Als wir vor vier Jahren anfingen zu spielen, gab es schreckliche Zeiten. Aus diesen Tagen stammt auch unser schlechter Ruf. Manchmal spielten wir nur 30 Minuten. Wenn irgendjemand im Saal ‚buhte‘, packten wir unsere Sachen und verschwanden. Andy und Mick hatten ausserdem oft Streit und dann war es besser überhaupt nicht zu spielen. Wir veröffentlichten damals Platten, die wir selbst überhaupt nicht gut fanden. Warum wir sie doch veröffentlichten? Weil wir einen Hit haben wollten. Alles andere interessierte uns nicht. Auf der Bühne brachten wir nur Sachen, die wir selbst gut fanden. Wir drehten die Verstärker voll auf, es muss furchtbar gewesen sein … ‚Funny Funny‘ wurde dann endlich ein Hit. Es war eine mechanische Platte, die uns ein verkehrtes Image gab. Okay, wir machen kommerziellen Pop, aber ‚live‘ sind wir unheimlich heavy. Langsam aber sicher haben wir unsere Singles progressiver gemacht. Das merkt man ganz deutlich, wenn man z.B. ‚Funny Funny‘ und ‚Blockbuster‘ kurz hintereinander hört…

AMERIKA

Wir haben jetzt eine neue Show. Sie dauert etwa eine Stunde und die Lichtshow ist einfach sensationell. Mitten in der Show ziehen wir uns um und das Publikum wird in der Zwischenzeit mit ein paar Kurzfilmen unterhalten.

Wir haben diese Show für unsere Amerika-Tournee entworfen, die bisher aber immer wieder verschoben wurde. Eigentlich sollte sie noch in diesem Jahr stattfinden, aber wir finden selbst, dass wir noch nicht reif genug dazu sind. Wir wollen nicht als Vorprogramm irgendeiner amerikanischen Gruppe auftreten. Wir wollen als Haupt-act angekündigt werden und sind bereit, ziemlich viel Geld in die Sache zu stecken. Wahrscheinlich werden wir beim ersten Mal viel verlieren, aber wir hoffen, das Geld mit einer zweiten Tournee wieder zurückzuverdienen. Unser Plan ist, 6 Monate irgendwo in Amerika ein Haus zu mieten. So etwas muss aber sorgfältig vorbereitet werden. Wir glauben nicht, dass wir etwas verlieren, wenn wir in diesem Jahr nicht mehr gehen. Es passiert auf musikalischem Gebiet so unheimlich viel in den Staaten. Wir versuchen, das Interesse für unsere Musik zu wecken.

Inzwischen befinden wir uns mit zwei Singles und einer LP in den Charts, es sieht also unheimlich gut für uns aus. Wir haben beschlossen, nicht eher den Schritt zu wagen, bis das amerikanische Publikum sagt: „The Sweet? Eine irre Gruppe, aber wann kommen die eigentlich zu uns…?“