The Temptations


Psychedelic Shack (1970)

Auch am Detroiter Soul-Label Motown alias Hits-I ville, USA ist die Flower Power-Ära nicht spurlos vorbeigegangen. In Vietnam tobte ein sinnloser Krieg und in der Heimat experimentierte man mit freier Liebe und bewußtseinserweiternden Drogen. Der erste Motown-Produzent, der seine Zeit begriff, war Norman Whitfield, ein leidenschaftlicher Pool-Spieler und großer Temptations-Fan. Ihm gelang es im Jahre 1968, dem etatmäßigen Temps-Produzenten Smokey Robinson sein bis dato wohlgehiitetes Steckenpferd auszuspannen. Robinson war immer auf Nummer Sicher gegangen, Whitfield experimentierte lieber. Aus der unschuldigen Post-Doo-Whoop-Truppe formte er eine zeitkritisch relevante Soul/ Funk-Band, die nun den psychedelischen Pfaden eines Sly Stone folgte. Eine Art Breitwand-Space-Soul entstand. Alben wie „Cloud Nine“ und „Puzzle People“ erreichten eine für Motown nie dagewesene politische Dimension, nicht zuletzt dank der unverblümteren Texte von Barrett Streng. Als dann 1970 „Psychedelic Shack“ erschien, schrieben über 4.000 Studenten an Motown Records, daß der Song „War“ unbedingt als Single veröffentlicht werden müßte, sozusagen als Hymne für den Antikriegs-Straßenkampf. Typisch für Norman Whitfield war, daß er den Song an Edwin Starr weitergab. Whitfield liebte es, einunddenselben Titel mit verschiedenen Gruppen wie Gladys Knight & The Pips oder The Undisputed Truth auszuprobieren. Jede „seiner“ Gruppen nahm ihm das im Nachhinein verdammt übel, obwohl durch diesen Trick zumeist die atemberaubendsten Werke entstanden. „Psychedelic Shack“ kann da nur stellvertretend stehen. Toll waren fast alle.