The Who in concert


Ihre letzte Tournee durch Deutschland fand vor mehr als drei Jahren statt. Damals ging es darum, den Opus vom taubstummen 'Tommy' live den Hörern in Deutschland vorzustellen. Ein ähnlich musikalischer Anlass war für ihre diesjährige Tournee, vor rund einem Monat, eigentlich nicht vorhanden. Ausser, dass die WHO demnächst auf ihrem eigenen Label, das sich Track nennt, ihre LPs und Singles veröffentlichen werden.

Bei rechtem Licht besehen, wurde diese fünf Städte Tournee nur aus kommerziellen Gründen veranstaltet. Keith Moon, seines Zeichens Schlagzeuger, nahm denn auch kein Blatt vor den Mund, als er sich auf einer eigens für ME arrangierten Pressekonferenz unseren Fragen stellte. „Natürlich haben wir absichtlich eine so lange Zeit verstreichen lassen, ehe wir wieder nach Deutschland kamen. Denn wenn wir Jedes Jahr eine Tour durch Germany machen würden, dann wäre unsere Popularität bald zum Teufel. So machen wir es lieber in kleinen Portionen.“

THE WHO ALS VERANSTALTER Dass ihre Tournee ein grosser Erfolg werden würde, stand für alle Beteiligten schon im voraus fest, und die Frage von Pete Townshend, „ob die Halle nun ausverkauft wäre“, bedurfte eigentlich keiner Antwort mehr. Sie war’s und damit basta. Deshalb gingen die WHO, welche als Veranstalter dieser Europa-Tournee gelten, auch kein finanzielles Risiko ein, waren sie sich doch ihrer Popularität und Anziehungskraft so ziemlich sicher. Pete Towshend ist nach wie vor der geniale Kopf der Gruppe, welche eigentlich mehr durch eine nun schon zehnjährige Zusammenarbeit interessant erscheint, denn durch ihre Musik. Pete Towshend: „Es wäre verfehlt von einem Who-Mythos zu sprechen, denn wir können nicht dazu werden, weil uns einfach die Zeit dazu fehlt. Natürlich ist es schon etwas einmaliges 10 Jahre in der Pop-Musik zusammenzuarbeiten. Und wenn ich ehrlich bin, manchmal haben wir uns alle vier gewundert, dass wir wieder zusammen gefunden haben. Auch wenn es so scheint, als würde John oder ich auf eine Solo-Karriere spekulieren, trifft das jedoch nicht zu. Jeder von uns hat die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen und ich glaube, denn die Erfahrung hat es bei uns gezeigt, dass man nur so so zusammen arbeiten kann. Auf eine lange Zeit versteht sich.“

DAS KONZERT UND 20 TONNEN AUSRÜSTUNG Am nächsten Tage ging es ziemlich hektisch zu. An die vierzig Pressevertreter waren von der Who-Vertragsfirma ins Frankfurter Intercontinental Hotel eingeladen worden, wo sich die Gruppe offiziell den Fragen der Reporter stellte. Dass es nicht nervenaufreibend wurde, war den Vier zu verdanken, die sich schon mehr Gedanken über das nachfolgende Konzert machten. Mit zwei 20 Tonnern war die 350.000 Mark Ausrüstung von Londen nach Frankfurt geschafft worden, natürlich versichert. Das Konzert begann gegen 21.00 h. Doch schon ab 19.00 h glich die Frankfurter Festhalle einer im Belagerungszustand befindlichen Festung. Der Sprecher von BFBS, Richard Astbury, konnte nur immer wiederholen: „Das ist unglaublich, schau mal wieviel Menschen gekommen sind.“ In der Tat, es war unglaublich. Die Halle war schon fast gefüllt und draussen standen noch an die 5000 Leute, die Einlass begehrten. Die Frankfurter Polizei wird sich für das anschliessende Verkehrschaos auch nicht gerade bedankt haben. Als wir nach einigen Anstrengungen die Ordner von unserem redlichen Tun überzeugt hatten, gelangten wir in die Halle. Es‘ ist schon überwältigend, an die 13.000 Menschen zu sehen, die da auf ganze vier Musiker warten. Gegen 21. h trat die holländische Gruppe GOLDEN EARRING auf. Selten haben sich die vier Jungs so geschafft, wussten sie doch, dass allerhand auf dem Spiel stand. Doch in den knappen 40 Minuten konnten sie nur einen Teil ihres Ideenreichtums an den Mann bringen. Trotzdem überzeugten sie die Menge und es gab reichlich Applaus. Nach einer Umbaupause und vielseitigen Check der Anlage betraten die WHO die Bühne. Sie waren ziemlich gelöst und Keith meinte über 1.000 Watt verstärkt: ‚Whouuuuh, a lot of people, really‘. Spätestens nach der dritten Nummer, ‚My Wife‘, wussten die 13000 was die Stunde geschlagen hatte. Es war Rock pur und unverfälscht. Selten habe ich erlebt, dass die Leute so mitgingen. Es herrschte eine vortreffliche Stimmung und trotz der aggressiven Musik kam es zu keinen Aufstand oder gar Schlägereien im Publikum. Roger Daltrey lief nur noch so der Schweiss herunter. Er befand sich in einer Riesen-Sauna mit 10.000 qm Grundfläche. Dass die alten Sachen vorgetragen werden mussten, lag auf der Hand. ‚Magic Bus‘ und ‚My Generation‘ hatten Überlänge verloren aber dadurch nicht an Intensität. Als die Gruppe das wohl bekannteste Stück aus ihrer ‚Tommy‘-Oper ‚See me feel me‘ spielte, standen die Leute spontan auf und sangen mit. Und als dann noch die Bühnenscheinwerfer mit ihren gleissenden Licht-Fingern in die Menge fuhren, war der überwältigende Eindruck perfekt. Nachher sagte ‚Track‘-Manager, Werner de Bruer: „Kann man mehr für sein Geld (10 DM) erleben?“ Ich musste ihm beipflichten. Illusionen sind manchmal gar nicht so teuer.