The XX live in München


Sie sind die "unscheinbaren Entertainer", findet me.porterin Franziska Finkenstein. Doch The XX vermögen ihre Fans mit rauschhaften Klängen zu begeistern.

Heute sind sie endlich da. Die drei jungen Musiker der Band The XX aus London. 2009 erlebten sie einen ultimativen Durchbruch in der Musikszene. Sie wurden als ‚die Newcomer 2009‘ bezeichnet und wurden international gehypt. Dabei passen Jamie, Oliver und Romy mit ihrer sedierend-melancholischen Musik gar nicht so recht in die übliche Newcomer-Szene aus England hinein.Weder ihr Kleidungsstil ist besonders hip (sie tragen alle nur schwarz und eigentlich immer dasselbe), noch ihr Debütalbum ‚The XX‘ klingt wie nach den Hype-Bands The Virgins, White Lies, Little Boots oder MGMT, deren Look sowie Musik Analogien aufweisen. Man könnte sagen, was bei diesen Bands charakteristisch ist, ist bei The XX gar nicht vorhanden: Röhrenjeans, Ray-Ban-Brillen, Indie-Musik; The XX sind eine Ausnahme, eine neue mathematisch-musikalische Formel. Einfacher gesagt: die Antithese des Hypes. Zu Anfang ihrer Karriere war die Band noch zu viert. Für Baria, der Ex-Keyboarderin, ging der Erfolg zu schnell. Sie stieg Ende 2009 aus.

Kein Wunder. Gleich nach ihrem ersten Hit „Crystalised“ produzierte das Quartett sein Album und ging danach auf Tour. Für Entspannung war da keine Zeit. Doch die Band gab nach diesem Verlust nicht auf; Romy, Oliver und Jamie tourten und spielten weiter. Anfang diesen Jahres musste Sängerin Romy jedoch einen weiteren Verlust hinnehmen, als ihr Vater starb. Doch so schwer dieser Trauerfall auch war; Romy wie auch der Rest der Band gab ihre Passion – die Musik – nicht auf. Und heute kommen die jungen Künstler aus London endlich nach München. Neben ihnen versammeln sich viele andere junge wie auch alte Leute, die sich musikalisch von den Scorpions hin zu The Strokes definieren.Man steht gespannt vor der Tonhalle am Ostbahnhof und hofft auf baldigen Einlass. Manche tragen ihre The-XX-Taschen vom letzten Konzert, andere sind ganz in schwarz gekleidet – ein objektives Zeichen der Konnexion? Ein paar Minuten nach 21 Uhr, als die opulente Tonhalle gefüllt ist, wird es langsam dunkel. Bevor The XX aber die Bühne betreten, spielt das Dubstep-Duo Mount Kimbie aus London. Zwei junge Herren, die „Basic Space“ von The XX mit ambient-housigen Tönen remixt haben und zurzeit in England und Deutschland nicht nur in der Subkultur am Durchstarten sind.

Das Duo hat es jedoch schwer, das Münchner Publikum zu beeindrucken. Hier und dort gibt es ein paar applaudierende Gäste, dennoch sind einige mit den sphärischen und brummenden Sounds überfordert. Nur vereinzelt sieht man in dieser Menge ein begeistertes Gesicht, das sich rhythmisch zu den Beats des Duos bewegt und „Woohoo“ in Richtung Bühne ruft – ein Stückchen Underground. In den anderen Gesichtern ist die Spannung und das nicht-mehr-Warten-wollen auf The XX zu sehen. Und dann, um kurz nach 22 Uhr, setzt das ekstatische Grölen in der Menge ein. Die Hauptband betritt cool und bescheiden die Bühne. Die Mädchen in den ersten Reihen können es kaum glauben, machen dutzende Fotos mit ihren Handys und Digikameras. Neben dieser euphorischen Stimmung herrscht in der großen Halle am Ostbahnhof aber gleichzeitig eine innere Ruhe. Man singt mit, spürt die Klänge. Sie rauschen durch die Körper wie eine Droge, die sich entfaltet. Es erscheint schon fast surreal. So jung ist diese Band. So talentiert und speziell. The XX planen weder Gitarrensolos ein, noch präsentieren sie eine aktive Performance. Die drei introvertierten Londoner belassen den Fokus auf ihrer Musik, die sie über dem minimalistischen Weg präsentieren. Die Zuschauer verlangen auch nicht viel mehr. Sie applaudieren und kreischen und kreischen weiter nach der Zugabe. Ganz langsam leert sich nach einer dreiviertel Stunde der Konzertsaal. Man ist noch ein bisschen beeindruckt und sprachlos und schließt sich den Worten eines 15-Jährigen am Ausgang an: „Wow! Noch mal!“