Tool


Willkommen beim Prog-Metal-Männerabend: Die kalifornische Kultband mit einer Show, wie sie ausgefeilter - und auch humorloser - kaum sein könnte.

Trübe Abendstimmung in Oberhausen: Draußen gießt es, drinnen ist das weite Rund der Arena gerade mal zur Hälfte gefüllt; die Vorgruppe klingt gruselig, das Rauchverbot sorgt für hitzige Diskussionen, und der Backstagebereich ist abgesichert wie Fort Knox: Über einen Pass verfügen nur die vier Tools und ihr Manager. Alle anderen [Roadies, die Vorband Mastodon, Plattenfirma, Veranstalter] kommen nicht mal in die Nähe der Band, die sich auch sonst betont divenhaft gibt. Erst 45 Minuten Umbaupause, dann ein routinierter Kaltstart. Kein „Guten Abend“, kein „Hallo“, kein nichts. Drummer Danny Carey verschanzt sich hinter seiner Schießbude, Bassist Justin Chancellor und Gitarrist Adam Jones verharren regungs- und emotionslos auf ihren Außenpositionen, und Sänger Maynard James Keenan trägt eine Gummimaske mit eingebautem Mikro. Die verleiht ihm das Aussehen eines Slipknot-Mitglieds, vielleicht kehrt er deshalb dem Publikum die nächsten zwei Stunden konsequent den Rücken zu. Allerdings nicht vom vorderen Bühnenrand, sondern vom hinteren – direkt vor einem der riesigen Plasmascreens, auf denen wahlweise Liniengewirr, Feuerwände, Fantasy-Planeten und die düsteren Animationen ihrer Videos flimmern. Da scheint das kahlköpfige Männchen regelrecht hineinzukriechen, tänzelt zwischen den visuellen Reizfluten hin und her, ringt sich zwischendurch ein zynisches „Let’s get the party started“ ab und propagiert ansonsten den floydschen Ansatz, sprich: Nicht die Band ist der Star des Abends, sondern die Musik.

Und die empfinden alle gleich, ob auf oder vor der Bühne, mit glasklarem Sound und endlos ausufernden Songs, die den Hörer in regelrechte Trance versetzen. Dabei fällt kaum auf, dass das gesamte Set aus gerade mal zwölf Stücken besteht (sechs vom neuen Album 10.000 DAYS, zwei von LATERALUS, drei von AENIMA, einer von UNDERTOW) und Klassiker wie „Sober“ oder „Prison Sex“ schlicht fehlen. Die knapp 6.000 [80 Prozent männlich] sind komplett fixiert auf die gigantische Lasershow, die von drei Projektoren an der Bühnendecke ausgeht. Wer länger hinguckt (was alle tun), vergisst Zeit, Raum, Zigaretten und merkt gar nicht, dass Tool irgendwann klammheimlich entschwinden. Oberhausen ist hypnotisiert. Und es lacht immer noch keiner. Außer einem Grüppchen betrunkener Holländer.

www.toolband.com