Tragisches Ende: Gram Parsons stirbt am Joshua Tree den Drogentod


Das „Joshua Tree Inn“ liegt ein paar Autostunden östlich von Los Angeles, mitten im Nirgendwo: das ideale Refugium für den Typen mit den langen Haaren und den bunten Klamotten, der sich im Zimmer 8 des kleinen Motels am Highway 62 einquartiert hat. Ruhe kann Gram Parsons verdammt gut gebrauchen. Eben hat er in den Capitol Studios in Hollywood die Aufnahmen für sein neues Album beendet. „Grievous Angel“ ist eine grandiose Übung in „Cosmic American Music“, wie Parsons selbst sein Amalgam aus Country und Rock’n’Roll nennt, ein Monolith aus düsterer Grandezza, majestätischen Songs und – Emmylou Harris sei Dank – den himmlischsten harmony vocals seit Menschengedenken. Die Bosse seiner Plattenfirma, Kollegen und Fans, alle klopfen sie ihm auf die Schulter, die Zukunft sieht rosig aus – wenn er sich nur hier im „Joshua Tree Inn“ erstmal ein bisschen entspannt hätte, würde alles gut werden. Doch die Veröffentlichung seines Meisterwerkes wird Gram Parsons nicht mehr erleben. Wenige Stunden nach der Ankunft ist er tot-gestorben an einem Cocktail aus Morphium und Tequila. Als der Krankenwagen die Klinik von Yucca Valley endlich erreicht, ist es zu spät: „Dead on arrival“ wird im Protokoll vermerkt, als Datum der 19. September 1973.

Dann nimmt ein bizarres Spektakel seinen Lauf: Einige Wochen zuvor hat Gram Parsons bei der Beerdigung seines Freundes Clarence White seinem Roadmanager zugeflüstert, er wolle nach seinem Tod nicht begraben, sondern verbrannt werden. Die Asche solle in der Wüste verstreut werden. Phil Kaufman ist wild entschlossen, seinem Freund und Boss diesen Wunsch zu erfüllen. Als er erfährt, dass entfernte Verwandte den Leichnam in New Orleans beisetzen lassen wollen, schnappt sich Kaufman seinen Kumpel Michael Martin sowie einen Leichenwagen, düst zum Flughafen von Los Angeles, wo der Sarg noch steht, und schwatzt den Frachtarbeitern mit Hilfe gefälschter Formulare tatsächlich die sterblichen Überreste Parsons‘ ab. Rein in den schwarzen Cadillac, raus in die Mojave-Wüste, Benzin über den Sarg gekippt, angezündet, fertig. Und als sei das nicht schon grotesk genug, wird Kaufman nach diesem Freundschaftsdienst zu 700 Dollar Geldstrafe verurteilt – wegen Verbrennens eines Sarges. Welch ein Ende für den Mann, der am 5. November 1946 in Winter Haven (Florida) als Cecil Ingram Connor III zur Welt kam und in seinem nur knapp 27 Jahre dauernden, rastlosen Leben den Gang der Rockwelt verändert hat. Der zuerst mit der International Submarine Band, dann kurz als Mitglied der Byrds, später mit den Flying Burrito Brothers und unter eigenem Namen an seiner musikalischen Vision arbeitete. Der Emmylou Harris entdeckte und in den Rolling Stones, speziell in Keith Richards, die Liebe zum Country weckte. Ohne den es womöglich weder die Eagles gäbe noch R.E.M., weder Green On Red noch Son Volt, und auf dessen Pioniertaten beinahe das komplette Americana-Genre gründet.

Parsons‘ Tod, erinnert sich Emmylou Harris, „was like an explosion, and I was going ‚round trying to pick up the pieces“. Ihre Trauer schrieb sie sich in „Boulder To Birmingham“ von der Seele, derweil die Eagles in „My Man“ zagten: „We who must remain go on livin‘ just the same“. Geradezu als Propheten entpuppten sich die Stones, deren „Wild Horses“ von Gram inspiriert und ihm schon zu Lebzeiten gewidmet war: „I have my freedom / But I don’t have much time / Let’s do some living / After we die.“ Ein würdiges Epitaph.