Trio Rio


Working Weeks Weg vom Free Jazz in die Hitparaden führt über Lateinamerika. Gibt es ein Leben nach dem Jazz-ftevival? — fragen sich Larry Stabbins, Juliet Roberts und Simon Booth (v. l.).

Manchmal bewegt sich das Lehen mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit. Von einem Tag auf den anderen schien es, als wolle das Schicksal Working Weeks Gründer und Gitarrist Simon Booth mit aller Gewalt ins Licht der Öffentlichkeit zerren. Gerade noch verkaufte er Platten (und wohlgemerkt nicht seine eigenen!) in einem Londoner Jazz-Laden, im nächsten Moment schon fliegt er nach New York, um mit Jazz-Legende Gil Evans die Arrangements seiner Musik für den Film „Absolute Beginners“ durchzusprechen. Mit Rock ’n‘ Roll vom Tellerwäscher zum Millionär, oder?

Nicht ganz. „Absolute Beginners“ schleppte sich schließlich mit letzter Kraft zur Leinwand und erstickte beinah an seinen Vorschußlorbeeren. Working Week traten (im Film) in einem Beatnik-Club auf, begleiteten Sade und der allgemeine Tenor war: Na, war das schon alles?

Der Film kam zu spät, um aus dem angeblichen Jazz-Revival, das ein paar Journalisten in der Sauregurkenzeit erfunden hatten, noch Kapital schlagen zu können. Danach wirkten Working Week mit ihren Jazzlastigen Bläsersätzen ein wenig deplaciert und verloren.

„‚Absolute Beginners‘ hat uns absolut nichts gebracht“, stimmt Simon Booth zu. „Wir touren durch die Welt, und alles, was den Leuten dazu einfällt, ist ‚Hmm… seltsame Sorte Film, oder?‘ Außer in Japan vielleicht, da hat er Kult-Status und sie haben mitgekriegt, daß wir da mitmachen.“

Working Week begannen ursprünglich sehr jazzverbunden, mit freien, explosiven Improvisationen. Einige Kritiker behaupten nun, sie seien inzwischen „souled out“ und verwässert, aber die Leute hören wahrscheinlich nicht gut genug zu.

Die Hinzunahme des stämmigen Ex-Schwimm-Champions Juliet Roberts als Lead-Sängerin erforderte natürlich einige Kurskorrekturen. Juliet, deren Familie aus der Karibik nach London übersiedelte, warf einen Blick auf den vergammelten, bierkippenden Haufen Jazzer auf der Bühne und sagte: „So nicht. Ich bin nach der Maxime erzogen worden, daß zum Profitum auch eine Klasse-Präsentation gehört. Ich komme aus der Diana Ross Three Degrees-Schule -— vier Kostümwechsel pro Abend, klaro?“

Kompromisse wurden gesucht und gefunden. Die Band erklärte sich bereit, ihr Bier in Zukunft aus dem Glas und nicht mehr aus der Dose zu trinken. Juliet möbelte sie alle ein bißchen auf und beschränkte sich ihrerseits auf ein Minimum an Kostümwechseln. Als ich sie das letzte Mal auf der Bühne sah, trug sie Nadelstreifen-Rock und -Blazer und weiße Handschuhe. Sie ist ein großes Mädchen und beansprucht ganz schön viel Bühne, ebenso wie ihr neuer Sangespartner Leroy Osbourne, den jüngere Leser vielleicht schon mit Wham! auf der Bühne gesehen haben.

Mit Working Week auf Tour zu gehen, bedeutet für Leroy natürlich ein erhebliches Weniger an Einnahmen; laut Larry und Simon macht er das aus Liebe zur Musik.

Auf der Suche nach dem zündenden Hit sind Working Week musikalisch schon wesentlich glatter geworden, Juliet ist in England bereits Medien-Star, berühmt als Gastgeberin der britischen Fernsehshow „Solid Soul“, aber sie will noch mehr, mehr, mehr Popularität. „Ich hab’s verdient, Baby. “ Stabbins und Booth bezweifeln ganz offen, daß ihnen großer Erfolg heschieden sein wird. „Ich glaub‘ einfach nicht, daß wir die richtige Sorte Sex Appeal haben“, gibt Booth selten einsichtig zu. Und Larry ist nicht mal besonders drauf aus, reich zu werden. „Wenn du mir eine Million Mark geben würdest, hätte ich keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte.“