Unter Freunden


Mit den richtigen Leuten ist Musik mehr als Musik: Seine Band Sweet Apple holte John Petkovic zurück ins Leben.

Diesen Schlag Rockmusiker gibt es wohl nur in den Staaten. Typen wie John Petkovic, die nie ein neues T-Shirt brauchen und keine neue Gitarre, höchstens alle 25 Zentimeter einen Haarschnitt. Und die alte Karre tut es hoffentlich noch ewig. Typen, die herumlaufen wie 1992 (seit ca. 1992). Aber sie laufen und fahren immer weiter herum und machen ihr Ding. Und dieses Ding ist eben keine schmerbäuchige Coverband, die sich von „Sweet Home Alabama“ über „The Boys Are Back In Town“ zum alljährlichen Konzerthighlight in „Joe’s Pub“ hangelt. Nein, sie haben immer noch eine Idee davon, wie 70er-Jahre-Rock, der Punk freundschaftlich den Arm umlegt, auch 2010 nach mehr klingen kann. Eine Kunst, keine Frage.

John Petkovic, im Herzen obendrein ein Glam-Rocker, stammt aus Cleveland, Ohio. Er spielt ab Mitte der 80er in zwei wenig bekannten Bands – Death Of Samantha und Cobra Verde. Später werden Cobra Verde für kurze Zeit zur Backingband von Robert Pollard und damit zu Guided By Voices. Außerdem mimen sie in der TV-Serie „O.C., California“ eine Foreigner-Coverkapelle. So viel zum Ruhm.

Die Geschichte von Johns neuer Band beginnt im Herbst 2008 als seine Mutter stirbt. John setzt sich in seine alte Karre und fährt einfach weg. Er fährt. Und fährt. Und raucht. Kette. Doch irgendwo in dieser trostlosen Ewigkeit klingelt das Telefon. Sein Freund und Kollege Dave Sweetapple lotst ihn zu sich nach Vermont. Er holt den gemeinsamen Freund und Kollegen (und Indierockgott) J. Mascis (Dinosaur Jr) dazu, gemeinsam nehmen sie ihn ins Gebet: John möge Songs schreiben, gegen die Verzweiflung. Er bringt 23 Stücke zustande in einem Monat. Zwölf davon nimmt er mit Dave am Bass, J. am Schlagzeug und dem Cobra-Verde-Gitarristen Tim Parnin auf. Er besteht darauf, die Band nach seinem Telefonseelsorger Dave Sweet Apple zu nennen und das Album LOVE & DESPERATION. Es ist eine Platte von, besser: unter Freunden. Voll mit gutem, sattem Rock’n’Roll, der nichts will, was man 1992 nicht auch schon hätte wollen können. (Oder auch 1982, aber da hörten die Leute ja lieber Foreigner.)

Albumkritik S. 103

www.sweetapplesongs.com