Wie, Sie kennen Ich Schwitze Nie nicht?


Ich Schwitze Nie sind [oder waren, das weiß man im Moment nicht so genau] Lars Rudolph, Nicholas Bussmann und Hanno Leichtmann. Ihrer Zusammenarbeit verdankt die Welt zwei der wohl seltsamsten Platten, die je in deutscher Sprache aufgenommen wurden: TRÄUME DER SEHN-SUCHT (1997) und BILLIGE FLAGGEN (2000), zwei Versuchsanordnungen zum Thema „Seemannslied und Easy-Listening-Elektronik“. Lars Rudolph, hier verantwortlich für Gesang, Klavier, Trompete und Gitarre, dürfte aufmerksamen Zuschauern als Darsteller tendenziell gestörter und /oderwahnsinniger Charaktere in Filmen wie „Der Krieger und die Kaiserin“ oder „Die Unberührbare“ bekannt sein, als Musiker (im weitesten Sinne) war er bei Stan Red Fox und Kixx (u.a. mit Wigald Boning) tätig. Cellist Nicholas Bussmann und Schlagzeuger Hanno Leichtmann verdingen sich im Bereich der elektronischen Musik in unterschiedlichen Konstellationen u.a. als Berliner Sonarkollektiv, Beige Oscillator, Lickmachine, Static, Sam Miller, DJ Attache, Resistance, Paloma und Dawn. Und sie hören nicht auf damit: Mit dem Projekt White Hole machten sie zuletzt die Instrumental-Hip-Hop-Platte pink album. Bei Ich schwitze nie vermählen diese drei offenkundig verschrobenen Gestalten Hans Albers mit Drum’n’Bass, plündern norddeutsche Folklore im Geiste des absurden Theaters, wildern im Revier von Ralph Maria Siegel und denken dabei an Brecht und Weill, vertonen Texte von Else Lasker-Schüler und Heiner Müller, spielen eine derangierte Version von „La Paloma“ und covern „Los Paul“ von Trio. Ins elektronische Gequake schleicht sich hier und da ein sehnsüchtiges Cello, über den Synthisatoren strahlt eine zittrige Trompete, und Lars Rudolph, eine Art Mischung aus Klaus Kinski und Helge Schneider, barmt, singt, krächzt, seufzt: „Freunde der Sehnsucht, wo steckt die Liebe?“ Das alles ist über weite Strecken extrem anstregend zu hören, mehrverspultes Kunstprojekt als delektable Musik, aber es ist doch einfach hinreißend, wenn Lars Rudolph jammernd kräht: „Warum bin ich, warum bin ich nur so geil? Lalala.“ Auf der Rückseite von TRÄUME DER SEHNSUCHT befindet sich ein fragwürdiges Rezept: „Möwenschiß: 4 cl Korn, 20 g gekörnte Leberwurst. Ungefähr so klingt Ich Schwitze Nie.