Wild Things: Olivier Assayas lässt für „Die Wilde Zeit“ die frühen Siebziger noch einmal auferstehen


Nach den Studentenunruhen ist vor den Schülerprotesten: Frankreich brodelt!

Nachdem er mit dem sensationellen „Carlos – Der Schakal“ das europäische terroristische Netzwerk von Ilich Ramirez Sanchez auf gut fünf Stunden kondensiert hatte, gibt sich Olivier Assayas für sein Schlaglicht auf die gesellschaftlichen Umbrüche im Frankreich der frühen siebziger Jahre mit knapp zwei Stunden zufrieden. Stark autobiografisch geprägt erzählt er von einer Gruppe jüngerer Gymnasiasten um sein Alter Ego Gilles (Clément Métayer), das infolge der Studentenunruhen Anfang der Siebziger eine eigene kleine Revolution zelebriert.

Dass hehre Ideale und gesellschaftliche Utopien hier mit jugendlichem Rebellentum und Revolutionschic einhergehen, ändert wenig daran, dass eine der Aktionen aus dem Ruder läuft und sich Gilles mit einer seiner Liebschaften und einem sozialrevolutionären Filmteam nach Italien absetzen muss. Zwischen dem Wunsch nach künstlerischer und beruflicher Selbstverwirklichung und den offen zur Schau gestellten Idealen kommt es dabei zu immer größeren Brüchen – auch innerhalb der längst nicht mehr so verschworenen Gruppe. Die nämlich – so gewinnt man den Eindruck – gefällt sich in ihrem Tun vor allem selbst – was vielleicht auch daran liegt, dass Assayas in Sachen Besetzung mal wieder seiner Vorliebe für schöne Frauen freien Lauf gelassen hat.

Trotzdem: Gerade weil „ Die Wilde Zeit“ den revolutionären auch als hedonistischen Akt feiert, er die Zeiten jugendlicher Rebellion ein Stück weit verklärt, gewinnt der Film nicht nur an Schauwerten, sondern auch an Substanz. Denn wichtiger noch als die damals gelebte Haltung scheint ihm das Gefühl für diese Zeit zu sein. Die eben gleichzeitig auch die seine war. Mal mehr, mal weniger wild.

Ab 12. Dezember im Handel und als VoD.

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