„Wir hassen die Eagles“


Sie wissen, dass Donovan nicht Dylan ist. Bei den Swans machen sie sich in die Hosen. Und Flaming- Lips-Konzerte sind fürsie ein „Kindergeburtstag auf Acid". Keine Frage, Placebo haben Geschmack. Und jede Menge Spaß.

Placebo sind lustige Musikanten, auch wenn sie gerade etwas finster dreinschauen. Sie haben stressige Interviews gegeben, und nun verabschiedet sich auch noch Stefan Olsdal zu einem Telefoninterview. Umso heftiger reiben sich Brian Molko und Schlagzeuger Steve Hewitt synchron die Hände, als es heißt: Auf, auf zum lustigen Raten! Zumal das Trio sein jüngstes Album SLEEPING with GHOSTS neuerdings mit Nachbrenner verkauft: COVERS vereint gut gelaunte Placebo-Versionen von bisweilen etwas obskuren Songs („Daddy Cool“ von Boney M). Ein idealer Anlass, die Briten mit bizarren Coverversionen zu behelligen. Und während Steve misstrauisch das Obst auf dem Tisch beäugt und Brian aus einer Marlboro Light in bewährter Manier eine Sportzigarette zaubert, reitet der ME auch schon die erste Attacke auf den guten Geschmack…

Gipsy Kings Hotel California

BRIAN: Verdammt, das ist ….. Hotel California“ … von den Eagles, gespielt von den Gipsy Kings. STEVE: Mach das aus! BRIAN: Ja, stell das bitte ab.

MusixexPRESS: Aber…

STEVE: Wir hassen die Eagles und wir hassen die Gipsy Kings. Weg damit.

Johnny Cash Solitary Man

BRIAN: Das ist Cash, aber ich kenne den Song nicht. Da muss ich den Refrain abwarten (wartet den Refrain ab). „Solitary Man“! Aber ich weiß nicht, wer das geschrieben hat.

Alle denken, dass es von Johnny Cash ist…

STEVE:… dabei ist es doch ein Hank-Williams-Song!

Neil Diamond.

STEVE: Neil Diamond.

BRIAN: Ich liebe „Hurt‘, das ist großartig. „Personal Jesus“ ist fantastisch. Überhaupt hatte Cash ein gutes Händchen mit Coverversionen. Nur dieses eine Lied mit Sting, das geht überhaupt nicht. Ich habe Probleme mit Sting.

STEVE: Wir waren in Bukarest, als Cash starb. BRIAN: Abends spielten wir vor 3000 Leuten, mit schwarzen Armbinden. „Centerfolds“ widmeten wir Johnny Cash und baten das Publikum, für die Dauer des Songs aus Respekt vor Johnny sitzen zu bleiben. Das war bewegend.

Sixteen Horsepower feat. Noir Desir The Partisan

BRIAN: Das ist Nick Cave!

Nope.

BRIAN: Doch, das ist Cave!

steve (singt derweil versonnen mit): „1 have changed mu name so offen, I have lost my wifeand children, but VORGESPIELT VOM ARNO FRANK FOTOS BRIGITTE HEINRICH/POP-EYE

/ have manyfriends, andsome ofthem are with me…“ Partisan! Das ist „The Partisan“ von Leonard Cohen. BRIAN: Nicht Nick Cave? Steve: Nein, Cohen.

Brian: Also, Julian Copeland ist das auch nicht? Steve: Nein, das ist Leonard Cohen. BRIAN: Aber wer hat das gecovert? STEVE: „Oh, the wind, the windis blowing, through thegraues the wind is blowing, freedom soon will come, then we’Ucomefrom theshadows.. .“Wer hat das gecovert? Ich kenne die Stimme irgendwoher… Brian: Simon Le Bon?

Sixteen Horsepower gemeinsam mit Bertrand Cantat von Noir Desir.

Steve: Ist das nicht der Typ, der in Litauen seine Freundin erschlagen hat? brian: ja, Marie Trintignant. Schlimme Sache. STEVE: Toller Song. Im Gegensatz zu Cohens neuen Sachen. Da holt er sich irgendeine Tante ins Studio und klimpert auf seiner Bontempi-Orgel herum, dazu gibt’s ein Schlagzeug aus der Dose. Grässlich.

Butthole Surfers Hurdy Gurdy Man

brian: Das sind die Butthole Surfers, sie spielen Donovans „Hurdy Gurdy Man“! (Erleichtertes Gelächter über die schnelle Auflösung, Steve und Brian klatschen sich ab wie Fußballer nach einem verwandelten Elfmeter) BRIAN: Erkennt man sofort, die Buttholes. Ich bewundere sie total, eine großartige Band.

Und Donovan?

brian: Ach Gottchen, kürzlich spielten wir mit ihm zusammen auf einem Festival in Benicässim. Er trat irgendwann nachmittags auf … Steve: Er ist nicht gerade das, was man einen Hipster nennen könnte. brian: Nein, er ist eher peinlich. Donovan ist eben nicht Dylan.

Lambchop This Corrosion

BRIAN: „Hey Joe“? Nein, warte mal… gleich kommt der Refrain, dann hab‘ ich’s … ah, „This Corrosion“ von den Sisters Of Mercy. Aber ich habe keine Ahnung, wer das spielt. Ich habe den Song das letzte Mal gehört, als er rauskam – und wir sind nicht gerade Fans der Sisters Of Mercy. Steck dir Blumen an den Hut und zieh dich an wie ein Cowboy, weißt du, solche Sachen, saudoof…

Lambchop.

brian: Ah, DAS ist also Lambchop! Nie gehört.

Grace Jones Private Life

STEVE (fängt sofort an, das Luftschlagzeug zu spielen): Grace Jones, „Private Life“, mit Sly & Robbie. Die Drums, die Bässe, einfach fantastisch! brian: Sie ist eine Kitsch-Disko-Ikone, sehr, sehr cool. STEVE: Ich muss gestehen, dass ich mich früher immer ein wenig vor ihr gefürchtet habe… brian: Ich sah sie kürzlich auf einer Modenschau, und sie ist immer noch … STEVE:… furchteinflößend? BRIAN (lacht): Ja, sie trägt irre Hüte, mit denen sie noch größer wirkt, als sie ohnehin schon ist. Ich habe mich aber nicht in ihre Nähe getraut. Ich hatte sogar Angst, ihr in die Augen zu schauen. Ich dachte, wenn ich jetzt eine falsche Bewegung mache, dann bricht sie mir alle Knochen im Leib. Mir schlottern jetzt noch die Knie. Aber sie ist cool.

Ah, und das Original?

STEVE & BRIAN: Pretenders.

Swans I Wanna Be Your Dog

BRIAN: Klingt wie ein Swans-Cover … klingt verdammt wie ein Swans-Cover … könnten echt die Swans sein …

STEVE: Sind das die Swans?

Das sind die Swans.

BRIAN: „I Wanna Be Your Dog von Iggy Pop! Oh, diese Swans. Sie haben auch ein Cover gemacht von Joy Divisions „Love Will Tear Us Apart“, der reine Wahnsinn. Ich hab’s sofort an der Stimme erkannt, dieser akustische, schläfrige Swans-Stil. Hast du sie mal live gesehen?

Nein.

Brian: Du machst dir in die Hose, Alter. Es ist so laut und monolithisch. Total over the top. Jeder Akkord ist, als würde dir jemand mit dem Vorschlaghammer auf die Stirn hauen. Als risse die Hölle entzwei, mit betäubendem Lärm. Die Swans heben Musik auf eine völlig neue Ebene. Eine schmerzhafte Erfahrung, kaum auszuhalten – und dabei… cool.

Die gehen dahin, wo s wehtut.

Steve: Genau. Und es sind eigentlich keine Konzerte, sondern Kunst-Happenings.

Fläming Lips Can’t Get You Out Of My Head

Brian (verdreht die Augen): Fläming Lips spielen Kylie Minogue. Steve: Warum verdrehst du die Augen? brian: Wegen Kylie, die ist nur so lala. Aber Hut ab vor den Fläming Lips. Live sind die wie ein Kindergeburtstagauf Acid.

Foo Fighters Baker Street

Steve (summtmit): Das ist „Baker Street … brian: .. .von den Foo Fighters! Das kenne ich, das Stück. Dave Grohl ist einer der Größten! Herrlich. War’s das?

Das müsste es gewesen sein.

brian: Und?

Was und?

brian: Wie haben wir uns geschlagen? Wir haben uns doch gut geschlagen!

Naja, es war ja nun kein Wettbewerb.

STEVE: Sondern?

Eine Gelegenheit, sich besser kennen zu lernen. Und das hat gut geklappt.

STEVE: Kommt drauf an. Besser als ein Interview allemal. Aber wenn du dir „Hotel California“ gespart hättest, wären wir uns vielleicht noch näher gekommen. Brian: Aber es ist doch auch schön, wenn man mal zusammen schweigen kann. -*