Yes


Vor 20 Jahren, kurz nach Veröffentlichung des TIME AND A WORD-Albums. als Yes noch vor einer Handvoll Leuten auftrat, schrieb der Autor dieser Zeilen in einem Leserbrief an den Musik Express: Diese Band wird man nicht mehr länger ignorieren können. Irgendwann einmal wird man Yes in einem Atemzug mit Pink Floyd nennen müssen.

Die Prophezeiung hat sich bewahrheitet. Und in einem Punkt haben Yes Pink Floyd inzwischen sogar überflügelt: Während die verfeindeten Fraktionen bei Floyd noch Abstand wahren, verfahren die Yes-Streithähne nach dem Motto“.Pack schlägt sich. Pack verträgt sich“ und geben dem neuerlichen Dollar-, Yen- und Deutschmark-Segen den Vorrang.

Gleich acht Ja-Sager aus verschiedenen Line-Ups der Bandgeschichte laben sich am warmen Regen und gaukeln dem legenden- und mythenhörigen Publikum bei ihrer Reunion auf Zeit (hoffentlich!) per LP-Titel auch noch Verbrüderung vor. Dabei haben die Acht keinen einzigen Song zusammen eingespielt.

Während ihrer „Around The World In Eighty Dates“-Tour stehen sie zumindest die Hälfte des gut dreistündigen Sets gemeinsam auf der Bühne. Doch wie im Bundestag herrscht optisch Fraktionszwang: Anderson. Wakeman. Bruford. Howe stehen links auf der Bühne.

Squire, Rabin. Kaye und White rechts.

Schon das zwölfminütige (insgesamt sechs Titel haben solche Überlänge) „Yours ls No Disgrace“ zum Einstieg macht deutlich: Hier spielt keine echte Band zusammen, hier treffen sich acht Egomanen zur unverblümten Selbstdarstellung. Nicht genug damit, daß jeder (!) in der Band seinen Solopart hat und das Spotlight allein für sich in Anspruch nehmen darf — die komplexen, artifiziellen Kompositionen werden auch noch durch zusätzliche solistische Exkurse zugeschüttet. Dabei spielt Howe mit „seinem“ Schlagzeuger Bruford. Und Rabin darf gemeinsam mit White gleich einen hintendrauf setzen. Die YES-Klassiker“.Heart Of The Sunrise“. „Long Distance Runaround“ und „And You And I“ werden durch den späten Hit „Owner Of A Lonely Heart“ (einzig er verdient die Bezeichnung Song) und neue Titel wie „Shock To The System“ zum aktuellen Konzertrepertoire ergänzt. Von Dynamik bei der Interpretation keine Spur. Herz und Seele haben diese Song-Monster sowieso nicht. Anderson (ganz in Weiß) wirkt immer noch wie ein flügellahmer Schmetterling. Squire steht einbeinig am Mikro wie ein Flamingo, und Howe tänzelt über die Bühne wie ein Rumpelstilzchen ohne Feuer unterm Hintern.