Zurück aus der Gruft


Ein Jahrzehnt weitgehender Live-Stille hat sogar dieses Großmaul etwas kleinlauter werden lassen: „Ich habe ein wenig geschauspielert und mich ansonsten um meine beiden Kinder gekümmert. Jetzt mache ich halt eine kleine Tour.“ Ungewohnte Bescheidenheit für den britischen Sänger Steve Harley (38), der als stalinesker Frontmon seiner Combo Cockney Rebel in den frühen Siebzigern genauso große Hits landete wie er penetrant große Reden schwang. 77 Städte in Europa bespielt er in diesem Jahr, und gerade weil von der Ur-Besetzung nur noch Drummer Stuart Elliot mit dabei ist, darf von dem exzentrischen Sänger mit der Nöhle-Stimme mehr als nur ein müdes Medley alter Hits von „Sebastian“ bis „Make Me Smile“ erwartet werden. Harley, von den gescheiterten Comeback-Versuchen 1979 (solo) und 1981 (mit Rick Wakemann) ins Private geflüchtet („Ich habe erst mal das Abitur nachgeholt“), hat ein gutes Dutzend neuer Songs im Gepäck, die „im Winter als LP rauskommen werden, aber nur, wenn man uns auf der Tour nicht mit Tomaten bewirft.“

“ Wir haben in dem Vertrag mit der Phttenfirma stehen, daß es nur dieses eine Album mit anschließender Tour geben wird. Basta.“ Ein Jammer, was Sänger Jim Messina da offenbart, denn LEGACY, das erste Album der legendären Country-Rock-Band Poco (in Originalbesetzung) seit 1969, läßt die aktuellen Vinyl-Streiche der restlichen Wiedervereinigungen von Doobie Brothers bis Linie Feat weit hinter sich. Poco, Nachfolge-Kapelle von Buffalo Springfield und Brutstätte von Formationen wie Loggins & Messina und den Eagles, sitzt auch mit dem neuen Album wieder zwischen allen Format-Radio-Stühlen – zu rockig für Country-Stationen, zu sonnig für Rock-Sender. Freunden entspannter Westcoast-Harmonie ist das schnurz, denn selten verbindet sich vierstimmiger Country-Gesang aus der CSN&Y-Ecke so locker mit relaxt-druckvollem Rock-Boden. Poco-Bassist Randy Meisner (Eagles) zum Themo „Rock-Opa“ lapidar:“ Was soll’s – die Beatles haben zu lange auf eine Reunion gewartet.“