Zwei Doppelleben


Clarke & Ware Mit Heaven 17 und Erasure poppen sie die Massen, gemeinsam begeben sie sich auf die Reise zu anderen Sphären.

Wenn diese beiden Namen fallen, dürften Freunde der Musik der achtziger Jahre mit der Zunge schnalzen: Vince Clarke und Martyn Ware – der eine Gründungsmitglied von Depeche Mode, Yazoo und Erasure, der andere Mitglied der Urbesetzung von The Human League und heute noch unterwegs mit Heaven 17. Wenn Freunde der Musik der Achtziger dann allerdings die Musik hören, die die beiden in ihrem gemeinsamen Projekt machen, dürfte ihnen das Zungenschnalzen schnell wieder vergehen: Vince Clarke (41) und Martyn Ware (45) schrauben in ihren Studios seit einem Jahr und mittlerweile zwei Alben an experimentellen, ätherischen Ambient-Klängen in der Tradition von Brian Eno und Tangerine Dream herum. Die Musik auf ihrem neuen Album „Spectrum Pursuit Vehicle“ wurde ursprünglich zur Untermalung einer Kunstinstallation in London geschrieben. „Es ist schon komisch“, meint Martyn Ware, „von mir und Vince erwartet jeder Popsongs – wegen unserer musikalisehen Vergangenheit. Manche Leute mögen unsere Ambient-Alben, andere dagegen fühlen sich regelrecht betrogen von der Tatsache, dass wir keine Pop-Platten herausbringen, sie sagen: ‚Wie konnten sie nur so was tun?‘ Die Menschen sind schon sehr seltsam.“

Clarke und Ware bedienen seit 20 Jahren mit ihren Hauptbands vornehmlich den Popmarkt, für Ware bedeutet die Beschäftigung mit experimenteller Elektronik allerdings eine Rückkehr zu den Wurzeln. Bereits Anfang der achtziger Jahre hat er Ähnliches mit dem Projekt B.E.F. (British Electric Foundation) versucht. „Vince und ich haben mittlerweile ein Alter erreicht, in dem wir es uns wieder leisten können, experimentelle Musik zu machen“, sagt Ware. Aber da wären ja immer noch Heaven 17 und Erasure. So gesehen kommt den Teilzeitelelektronikern das anhaltende Revival von Bands aus den Achtzigern nicht ungelegen. Nicht nur, weil die Alben und Tourneen mit Heaven 17 und Erasure die Miete bezahlen. Ware: „Ich kann mich nicht beklagen. Offensichtlich füllt dieses Revival eine Marktlücke. Ich sage es nicht gerne, aber der Künstler als Pop-Ikone, wie es ihn früher einmal gab, stirbt langsam aus – es gibt entweder das eine oder das andere.“

www.vinceclarke.de