Zwischenfall


Die Disco-Dichte im Ruhrgebiet ist höher als anderswo im Land. Um verwöhnte Musik- und Mode-Avantgardisten zu Sternfahrten ins Revier zu bewegen, bedarf es schon besonderer Qualitäten. ME/Sounds fand sie diesmal am Stadtrand von Bochum.

Für kurze Augenblicke wird es hell. Über der Tanzfläche rotiert ein Mini-Ufo, ein bunter Lichterkreisel, der Stimmungen erzeugt, die an die Kult-Fernsehserie „Invasion von der Wega“ erinnern. Mehrmals an jedem Abend kommt es zu diesen „Zwischenfällen“; ansonsten bleibt in der Avantgarde-Disco am Stadtrand von Bochum vieles im sprichwörtlichen Dunkeln.

Im November 1985 eröffnete das „Zwischenfall“ in den Räumen des ehemaligen „Appel“ — damals In-Treff des Stadtteils Langendreer. Total neues Metall-Styling in der Kneipe sowie der angegliederten Tanz-Etage und reichlich UV-Röhren (Schwarzlicht) sorgten für neue Kundschaft: ein auf Wave gestyltes Publikum nicht nur aus Bochum und dem Ruhrgebiet. Man begrüßt ebenfalls Leute aus dem Sauerland oder von der Rhein-Schiene. Auch wenn Bochumer Stammgäste zunächst gelegentlich noch reinschauten, konnte sich das „Zwischenfall“ vom ersten Tag an als überregionale Disco etablieren.

Zum „kühlen“ Auftreten der vorwiegend 17- bis 25jährigen Gäste fügt sich die Einrichtung: Metall-Stehtische im Raum und Kinosessel an den Wänden. Einmal im Monat, immer mittwochs, gibt’s im „Zwischenfall“ Live-Musik. Lokale Wave- oder Trash-Bands wie beispielsweise „Secret of Apartement“ aus Essen finden hier die ideale Bühne. Denn innerhalb dieser Musiknchtung ist das „Zwischenfall“ im ganzen Revier einzigartig.

Großen Anteil daran hat Discjokkey Klaus Märkert, der mit kurzen Unterbrechungen bereits im „Appel“ auflegte. Klaus hat ein offenes Ohr für die Tips und Wünsche seines Publikums. So spielt er selbstverständlich auch Material, das von seiner eigenen Avantgarde-Linie abweicht. Im „Zwischenfall“ dominiert eindeutig Gitarrenmusik der Independent-Szene, aber auch Def Jam-Produktionen wie The Cult, Beastie Boys und Run DMC werden verlangt. Erst morgens um drei wagt es DJ Klaus dann, ausgefallenere Electro-Musik auf den Teller zu legen. Auf die Ungestümtheit mitternächtlicher Stunde folgt eine Phase stilisierter Bewegungen im Stroboskop-Lichtgewitter.

Wem dieses Programm zu einseitig klingt, dem sei gesagt, daß hier nicht nur schicke Waver und Grufties verkehren. Und selbst die kommen nicht aus dem Totenreich, sondern geben sich hier erstaunlich lebendig.

(Alte Balmhofstraße 214, 4630 Bochum 7. Geöffnet: Mittwoch, Freitag, Samstag von 21 Uhr bis „mal sehn“. Eintritt: 6 DM (inkl. 3 DM Verzehrbon), Bier: 3 DM, Saft: 3,50 DM, Sekt: 5DM)