Prisoners :: Regisseur: Denis Villeneuve

Im Namen des Vaters: Furioser Thriller über eine Kindesentführung und ihre Folgen.

Der Titel legt es nahe: Um Gefangene geht es im ersten amerikanischen Film des Frankokanadiers Denis Villeneuve, der mit seinem Oscar-nominierten Vorgänger „Incendies“ international auf sich aufmerksam gemacht hatte. Zunächst trifft das auf körperlich Gefangene zu. Wie die beiden Mädchen, die während einer entspannten Erntedankfeier spurlos aus ihrer unauffälligen Vorortsiedlung verschwinden. Oder der geistig zurückgebliebene junge Mann, der mit seinem Wohnwagen in der Straße der Familie geparkt hatte – weil der Hauptverdächtige aber von der Polizei aus Mangel an Beweisen laufen gelassen wird, nimmt einer der Familienväter das Gesetz in die eigene Hand und bringt ihn in seine Gewalt. Oder aber einer der Protagonisten, der den Schlüssel zur Lösung des Geheimnisses erhält, sich dafür aber in einem Erdloch einsperren lassen muss. Mehr noch aber geht es um Gefängnisse, die Menschen selbst in ihrem Kopf errichten. Von inneren Dämonen wird eigentlich das komplette Personal dieses Ausnahmethrillers verfolgt. Durch das ewige Regengrau der beklemmenden Bilder driften Cops, die als einsame Einzelgänger in das Herz der Finsternis eintauchen, rechtschaffene Bürger, die ihre angestaute Aggression nur mühevoll mit ihrer Religion zähmen, Mütter, die die Angst um ihre Kinder in die Katatonie treibt. Und dem Wahnsinn anheimgefallene Männer, die sich vor der unaussprechlichen Wahrheit in eine Welt aus Labyrinthen geflüchtet haben.
Der Film selbst ist ein Labyrinth, in das man sich bereitwillig begibt, um sich darin zu verlieren: Handelt es sich nun um einen Thriller über einen religiösen Kult oder ein messerscharf beobachtetes Drama um Schuld, Sühne und die dünne Decke der Zivilisation? „Prisoners“ ist genialisch genug konzipiert, nicht nur als beides zu funktionieren, sondern den Zuschauer auch klug auf eine falsche Fährte zu locken, indem er uns glauben lässt, doch nur eines davon zu sein. Die Starriege, allen voran Hugh Jackman, der hier nicht nur äußerlich Robert De Niro in „The Deer Hunter“ ähnelt, leistet ganze Arbeit. Und Kameramann Roger Deakins wächst über sich selbst hinaus: Hier gelingt es ihm, einfach nur einen Baum frontal zu fokussieren, und es bedrohlich wirken zu lassen. Reiht sich ein in die Liga der Ausnahmethriller vom Schlag eines „Sieben“ oder „Mystic River“.