Tame Impala

Currents

Caroline/Universal

Zwei Schritte vor, einer zurück: Psychedeliker Kevin Parker alias Tame Impala zeigt auf seinem dritten Album ungeahnte Schwächen.

Die letzte Tame-Impala-Platte, LONERISM aus dem Jahr 2012, fing mit einem Flüstern an. Die neue beginnt mit einem Paukenschlag: „Let It Happen“ ist der Song, der wohl noch in zwanzig Jahren als der beste im Werk des Australiers Kevin Parker gelten wird, weil er alles, was Tame Impala ausmacht, vereint und perfektioniert: Ein klassischer Psych-Rock-Wirbelwind, der sich etwa ab der Hälfte den Synthesizer-Flächen geschlagen geben muss und ins Elektronische umschlägt, getragen von einer unvergesslichen Melodie. Spätestens wenn kurz vor Schluss die Bassline den Song zersägt, kann man sagen: It happened. Eine dramaturgische Meis­terleistung in acht Minuten.

Das Stück zeigt aber auch die neue Stärke Kevin Parkers: Sein gewachsenes Selbstbewusstsein. Stand der Name Tame Impala bis dato sinnbildlich für den introvertierten Studio-Nerd, der sich in seinen Effektgeräten suhlt, entdeckt Parker auf CURRENTS vor allem seine Stimme neu. Der Gesang steht endlich öfter im Zentrum des wuseligen Geschehens, anstatt sich als gleichberechtigtes Instrument zwischen zig Gitarrenspuren einordnen zu müssen. Auch wenn der näselnde Parker nicht der größte Sänger ist: ein Pluspunkt. Doch alles andere, was „Let It Happen“ vormacht, findet man auf dem Rest des Albums nur in geringen Dosen wieder. Dafür übernehmen zu oft Schnulzigkeit und pathetischer 80er-Kitsch das Kommando.

„Eventually“ schafft diesen Balance-Akt noch, doch andere Songs wie die Lead-Single „Cause I’m A Man“ und besonders das peinliche „Yes I’m Changing“ versinken gemächlich im Egalen, angeführt von einem E-Piano direkt aus der Hölle. „They say people never change, but that’s bullshit – they do!“, singt Parker dazu und hat wohl recht, wenn auch nicht unbedingt im positiven Sinne. Was jedoch weiterhin außer Frage steht, sind seine kompositorischen Fähigkeiten. Wenn diese Lieder scheitern, dann eher aufgrund der Instrumentierung. Klassische Tame-Impala-Retrorocker wie „The Less I Know The Better“ und „The Moment“ funktionieren nach wie vor. Doch an anderer Stelle schlampt Parker weiter: Die tiefer gepitchte Stimme in „Past Life“ wirkt lieblos. Die drei Stücke „Nangs“, „Gossip“ und „Disciples“ knacken allesamt nicht die Zwei-Minuten-Marke und wirken eher wie Skizzen, die es entweder verdient hätten, auf Songlänge weitergedacht zu werden, oder gar keine Existenzberechtigung haben.

Der Titel des letzten Songs, „New Person, Same Old Mistakes“, ergibt umgekehrt ein gutes Fazit: „Same Old Person, New Mistakes“. Dennoch wird CURRENTS Parker nicht dabei im Weg stehen, in Charts und Festival-Line-ups immer weiter nach oben zu klettern. Dass Mark Ronson ihn als Feature-Gast auf sein Anfang des Jahres erschienenes Album UPTOWN SPECIAL gekauft hat, zeigt: Der Name Tame Impala ist längst im Pop angekommen, ohne seine Indie-Credibility zu verlieren. Zumindest dieses Etikett hat sich der Australier bewahrt.