Father John Misty

I Love You, Honeybear

Bella Union/[PIAS] Coop/Rough Trade

Josh Tillman denkt über Josh Tillman nach und setzt sich mit feinem Country-Schmalz, Gospel und Streicher-Pathos in Szene.

Maria und das Jesuskind, die Eule, die Schlange und der Bär. Aber es „stimmt“ so einiges nicht auf diesem Bild; der Frischgeborene trägt den Kopf eines erwachsenen Heilands, die Schlange wird gerade gebissen und der Bär steht als graue Eminenz am Rande der biblischen Szene. Wer sich in der Symbolwelt deutend verlustieren möchte, darf das bei Josh Tillman, ehemaliger Schlagzeuger – mit, wie er sagt, geringem kreativen Input – der hochgelobten Fleet Foxes, ausdrücklich tun.

Tillman leistet mit seinen Bildern und Fußnoten keinen eben geringen Beitrag zur Exegese des Kunstwerks. Dabei ist I LOVE YOU, HONEYBEAR zuerst einmal hörbar ein Tillman-Album, mit seinen weit offenen Folksongs, den gut abgewogenen Balladen und den Singer/Songwriter-Proben aus der Champ­League der, sagen wir mal, 70er-Jahre.

Verglichen mit dem Vorgänger FEAR FUN von 2012 wurde bei HONEYBEAR überall eine Schippe draufgelegt, zuvörderst in den Arrangements (Streicherensembles, die Countryband und das Gospel-Ensemble schlagen hier auf), dahinter und viel deutlicher in den Lyrics, in denen Tillman über Tillman nachdenkt („The Night Josh Tillman Came To Our Apartment“), oder: über die Bedeutungen der Liebe. Ist Liebe gemeinsame Konvention oder die Chance zur Transformation? So spielt sich der Sänger und Autor durch alle Ebenen auf dieser so reich instrumentierten Platte.

Tillman ist nicht nur born, sondern auch „Bored In The USA“ und er singt diesen Song mit dem nonchalanten Zynismus eines Randy Newman, die Publikumslacher hat er eingeblendet, als wolle er uns sagen: „Leute, wir befinden uns hier in einer großen Sitcom“. Mit „Holy Shit“ legt Tillman noch ein großes Streichertheater nach, zum Finale gibt’s eine Butterballade an der Grenze zum Kitsch. Oder ein akustisches Jesusbildchen.