5 Fragen an Aimee Mann


Sie lächelt, wenn sie will: Die Songwriterin über Fröhlichkeits- Diktatur, den Präsidenten, Obama, Hillary und, ja, Coldplay.

1 Wie soll man den Titel deines neuen Albums @#%&! smilers aussprechen?

Du kannst es einfach smilers nennen. Ich nenne es fucking smilers. Man kann ein Schimpfwort nach Wahl einfügen. Nichts gegen lächelnde Menschen als solche. Aber der Ausdruck „Lächler“ bezieht sich für mich auf diese Art von Leuten, die dir „Cheer up!“ entgegen rufen, wenn du schlecht gelaunt bist. „Lach doch mal!“ Als ob das irgendwas bewirken würde, außer, dass man sich noch schlechter fühlt, weil man denkt: Jetzt ist auch noch meinen eigenen Freunden egal, wie’s mir geht, die wollen nur, dass ich lustig tue, damit sie beruhigt sein können. Oder Wildfremde auf der Straße, hatte ich auch schon: „Lächle doch, so schlimm kann ’s doch nicht sein“. Ich möchte mich fühlen, wie ich mich fühle. Und ich finde eh, dass ich ein recht fröhlicher Mensch bin. Aber ich lächle nicht irgendwelche Fremden auf der Straße an, das ist doch gruselig.

2 Dann gibt es noch die Leute, die trüb gucken, wenn man eine halbmelancholische Songwriter-Platte auflegt: „Warum denn so depressive Musik?“ Hat es auch was mit denen zu tun?

Ich hatte die Leute im Hinterkopf, die mich immer fragen, warum ich keine „happy“ Songs schreibe.

Ich finde fröhliche Lieder einfach nicht so interessant. Ich schreibe Songs, von denen ich denke, dass sie witzig sind oder fröhlich, aber es gibt Leute, für die darf ein „happy“ Song keine Probleme oder Konflikte thematisieren. Dabei find ich im Gegenteil,dass man erst mit leichtem Herzen leben kann, wenn man Probleme offenlegt und damit umgehen kann. Ich meine: Was ist überhaupt „fröhlich“? Wer definiert „fröhlich“? Sollen wir den ganzen Tag „Celebration“ von Kool & The Gang hören?

3 Ich habe vor sieben Jahren fürs Heft eine Story über dich bearbeitet, die spielte an dem Abend, als George W. Bush via die Florida-Arie Präsident wurde. Und du gehst auf die Bühne und sagst: „Okay, Leute. Schlimm genug. Aber das heißt jetzt wenigstens vier Jahre lang gute Comedy.“ Ich habe mich oft gefragt: Wie lange hat es wohl gedauert, bis sie über den Typ nicht mehr lachen konnte?

Nicht lange, (seufzt) Dass dieser Mann zum Präsidenten gewählt wurde, sagt so viel über die Art und Weise, wie Amerikaner denken. Dass man auch nur auf die Idee kommen kann, dass er aussieht wie ein Präsident. Er kann ja nicht mal reden. Er ist ja nicht mal ein Schauspieler. Reagan konnte wenigstens so tun wie ein Präsident, irgendwie.

Und wie siehst du den Wahlkampf jetzt?

Die meisten Leute, die ich kenne, sind jetzt Obama-Fans. Hillary wirkt etwas unglaubwürdig und berechnend für mich. Sie spielt das Spiel mit. Da geht’s mehr ums Gewinnen als um Integrität. Und ich finde, Obama ist sehr integer und engagiert. Wir werden sehen. Aber hey: Mc Cain ist einfach durchgedreht. Er hat diese traumatisierte Soldatenmentalität von wegen „niemals aufgeben“. Und das ist meiner Meinung nach etwas sehr schlechtes, (lacht)

4 1999 hast du dich mit deinem eigenen Label “ Super Ego“ von der Musikindustrie abgekoppelt. Wie erlebst du deren andauernde Krise?

Das Musikgeschäft fällt komplett auseinander, und da werden auch die Indies nicht verschont. Meine Verkäufe sind auch eingebrochen, genau wie die der Majors. Jeden erwischt es. Jeden. Weil das dann auch heißt, dass ich weniger Geld habe, meine Musiker zu bezahlen, Tontechniker etcetera. Wenn die Leute keine Platten kaufen, kann man es sich auch nicht mehr leisten, Platten zu machen. Am Ende bleiben nur noch die Coverversionen auf Youtube, wo Leute in ihren Schlafzimmern Uz spielen, (lacht) 5 Noch eine Frage zum Großpop-Zeitgeschehen. Du hast Vorjahren Coldplays „The Scientist“ gecovert. Hast du das neue Album schon gehört?

Nur die Single. Ich finde die Produktion meist nicht so toll, aber ihre Melodien sind fantastisch. Das hat auch bei „The Scientist“ damals eine emotionale Saite bei mir angeschlagen. Obwohl der Text sehr simpel ist. Das ganze Emotionale läuft über die Melodie, und dafür hat Chris Martin ein Gefühl wie nur wenige andere.

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