5 Fragen an Nickel Eye


Der vierte Stroke auf Solopfaden - und das ohne Erfolgsdruck. Nikolai Fraiture genügt sich mit seiner Musik selbst.

1 Die meisten Texte auf deinem ersten Soloalbum the time of theassassins basieren auf Gedichten, die du uor elf Jahren während einer Reise durch die USA geschrieben hast. Wie war es für dich, sich nach all derzeit wieder mit diesen Erinnerungen auseinanderzusetzen?

Das war schon eigenartig. Viele der Texte musste ich ja umschreiben, auch um sie der Musik anzupassen. Eigentlich wollte ich damals schon etwas aus ihnen machen, aber dann kamen mir die Strokes dazwischen, und ich musste die Arbeit an den Texten unterbrechen. Also packte ich sie in eine Schuhschachtel, und dort sind sie auch geblieben, bis wir uns für diese zweijährige Pause von der Band entschieden hatten. Erst dann hatte ich die Zeit, die ich brauchte, um all das umzusetzen, was ich mir so viele Jahre vorgenommen harte.

2 Du bist der vierte Stroke, der neben der Band ein eigenes Musikprojekt uerfolgt. Haben dich dieAlleingänge deiner Kollegen inspiriert?

Injedem Fall. Aber nicht nur, was die Musik betrifft. Wir haben uns immer schon gegenseitig sehr motiviert. Auch in unserer Lebensführung. Wir kennen uns ja schon so lange. Wir sind wie Brüder. Wenn einer gut in einer Sache ist, will er auch, dass der andere gut in seiner ist. Allerdings haben wir nun eben auch ganz bewusst eine Pause eingelegt. Das heißt, dass wir uns nicht unbedingt gegenseitig um Rat bei unseren jeweiligen Projekten fragten. Wie gesagt, wir sind wie Brüder. Und als Geschwister brauchst du ab und an einfach Abstand voneinander, bevor dein Verhältnis Gefahr läuft, nun ja, etwas crazy zu werden. Auch als Band war und ist dieser Schritt wichtigund notwendig für uns. Im Februar werden wir uns wieder treffen und an unserem nächsten Album arbeiten. Wir werden uns dann ganz anders begegnen als bisher. Jeder hat mittlerweile etwas Eigenes hinbekommen – Albert hat seine Platten, Fab hat seine Band Little Joy, Nick hat Zwillinge bekommen, Julian hat mit Santogold aufgenommen und das macht uns auch als Kollektiv stärker. Was das für unsere musikalische Weiterentwicklung bedeutet, kann ich nicht sagen. Wir haben keine Pläne und möchten auch wirklich noch keine haben.

3 Was war die größte Herausforderung für dich als Solist Nickel Eye?

So groß waren all die Herausforderungen gar nicht. Nun, ich singe eben zum ersten Mal die Leadvocals und war der Chef des Ganzen. Singen hatte ich allerdings schon sehr lange geübt, so dass es mich kaum überrascht hat, dass ich das kann. Meine Backingband (Die Britrockgruppe South; Anm. d.Red.) war mir ebenfalls schon vertraut. Meine Frau kommt aus London und ist seit ihrer Kindheit mit den Jungs befreundet. So kam der Kontakt zustande. Ich hatte also Zeit und fragte sie, ob ich in ihrem Studio in Hackney, London, vorbeischauen könnte und ob sie Lust hätten, an ein paar Demos mit mir zu arbeiten. Glücklicherweise hatten sie Lust, und sie ließen sogar ihre eigene Arbeit so lange ruhen, bis wir mit dem Album fertig waren. Das hat mir viel bedeutet. Ich wollte niemanden anstellen müssen, wollte keine mir unbekannten Sessionmusiker haben, die nebenbei noch in zehn anderen Bands spielen. Die Aufnahmen liefen also ziemlich familiär ab. Und ich hatte ja auch keinen Druck. Ich musste nichts veröffentlichen, um einen Terminplan zu erfüllen. Das war alles ganz locker, und ich konnte mir die Zeit nehmen, die nötig war, um mich mit dem Ergebnis glücklich zu machen.

4 War es eine bewusste Entscheidung, die Platte unter einem Pseudonym zu ueröffentlichen, um den Erwartungen zu entgehen, die die Welt an einen Stroke richten würde?

Nun ja, vielleicht eher eine unterbewusste Entscheidung, (lacht) Ich will und muss mich zwar nicht verstecken – als Bassist der Strokes war das Interesse der Medien ohnehin nicht so groß an mir. Aber ich möchte jetzt auch keine riesige Solokarriere an den Start bringen. Ich möchte tatsächlich einfach nur Musik machen und den Leuten die Möglichkeit geben, sie zu entdecken. Mir genügt es, dass die Menschen, die daran mitgewirkt haben und die an mich geglaubt haben, die Platte mögen. Ich verspüre keine Nervosität. Ich stelle mir nicht die Frage, wie die Welt mein Album wahrnehmen und einschätzen wird. Das soll aber nicht heißen, dass ich mich gleich wieder zurückziehen will. Ich werde auch in Zukunft Soloalben aufnehmen. Ich werde nie aufhören, Musik zu machen. Wenn ich mit den Strokes arbeite, konzentriere ich mich voll auf die Strokes. Wenn die mal wieder pausieren, gibt es Nickel Eye. Das ist also kein einmaliges Experiment, ich werde mein Album ja nun auch auf Konzerten vorstellen.

5 Auf der Platte haben zwei deiner alten Bekannten aus New York Gastauftritte: Nick Zinner, Gitarrist der Yeah Yeah Yeahs, und Regina Spektor. Ist die New Yorker Szene noch so zusammengehörig wie zu Anfang desJahrzehnts, als sie die Welt eroberte?

Wir sehen uns tatsächlich alle noch sehr häufig, vielleicht sogar noch öfter als früher. Um uns herum hat sich zwar schon viel geändert: Regina wurde sehr bekannt, die Strokes spielen nicht mehr in den kleinen Clubs. Aber das sind eben nur die Levels. Unsere Freundschaften sind gleich geblieben.

www.myspace.com/officialnickeleye

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