5 Fragen an Stephen Duffy


Über Zeitgeist, Nostalgie, Festanstellungen, Bärte, sein Pop-Herz und den miserablen Zustand unserer Kultur.

1 Sie gelten als respektierter Songwriter, der stets am Zeitgeist vorbei musizierte und es nie zum Popstar brachte. Stört Sie dieses Image?

Ja, sehr. Denn damals in den 80ern fühlte ich mich als kurzzeitiger Popstar sehr unglücklich. Zum Glück dauerte mein Star-Dasein nur zwei Songs und einen Monat. Aber in der kurzen Zeit wurde mir klar, dass die damit verbundenen Restriktionen nichts für mich sind. Mein Label ließ mich damals fallen, weil ich kein typischer Synthipop-Typ war! Als ich 1988 The Lilac Time gründete, war das also ein bewusster Schritt weg vom formelhaften Pop. Ich bin sehr glücklich, dass ich während meiner ganzen Karriere davon leben konnte, ich selbst zu sein. Bis ich Robbie Williams‚ Musical Director wurde, hatte ich noch nie einen Job – und da war ich immerhin 45! Ist doch großartig, oder? Ich frage mich oft, woher ich die Nerven hatte, so eigensinnig zu sein. Das hat wohl mit meinen Wurzeln in der Kultur der 60er und 70er zu tun, in der eigener Ausdruck und ernsthafte Beschäftigung mit Kunst mehr wert waren als Erfolg.

2 Ihr neues Album Runout Groove ist sehr nostalgisch. Von musikalischen Referenzen wie Gram Parsons und Townes van Zandt über das Artwork bis zu den Texten – es scheint immer um eine verlorene Idylle zu gehen. War früher alles besser?

Die Platte handelt letztlich vom miserablen Zustand unserer gegenwärtigen Kultur. Davon, dass es heutzutage keine Gegenkultur gibt. Es ist eine Generation von Ja-Sagern, die für kommerziellen Erfolg alles geben, ohne an was zu glauben. Ich hänge sehr dem Geist der 60er und 70er nach. Damals gab es zugleich Jean Luc Godard, Bob Dylan und tolle Symphonieorchester – weil die Menschen viel stärker in ihre Kunst involviert waren. Heute ist es schwer, mit Kunst Geld zu verdienen und nicht dem Kommerz zu verfallen, aber es ist so nötig! Die Musik von Velvet Underground und Nick Drake hätte nicht diese Bedeutung, wenn die Leute versucht hätten, Popstars zu sein. Bei vielen aktuellen Platten habe ich das Gefühl, dass die Musiker sich nicht überlegen, was sie sagen wollen, sondern nur auf einen Hit aus sind. Mir sagt Hank Williams einfach mehr als eine Band wie die Killers.

3 Sie haben in den letzten 20 Jahren unterschiedlichste Sachen gemacht, von Folk bis Robbie Williams. Zu The Lilac Time kehren Sie aber immer wieder zurück. Liegt hier Ihr eigentliches Zuhause?

Was ich selber interessant finde: Ich habe neuerdings einen Bart! Man sagt, ich sähe damit aus wie George Harrison in seiner Hippiephase. Ich sehe mich als Folk-Musiker und fühle mich mit Lilac Time definitiv am wohlsten. Aber ich war überrascht, wie poppig Runout Groove geworden ist. In mir scheint doch ein Pop-Herz zu schlagen.

4 Wie haben Sie sich nach den drei Jahren als Robbie Williams’Co-Writer, Produzent und Gitarrist auf der Welttournee gefühlt?

Mein Leben ist ein konstanter Freakout, ich habe mich schon immer mit hoher Geschwindigkeit von ganz oben nach ganz unten bewegt. Ich war erleichtert, dass ich nach den Jahren mit Rob noch immer so klang wie vorher, dass es wirklich ich bin, der auf meiner neuen Platte zu hören ist. Die meisten Songs entstanden nach der Tour, und ich finde keine Spuren dieser Zeit in der Musik, das war wichtig für mich. Nur der Songtitel „Happy Go Lucky“ war eine Idee von Rob, der vorschlug, das ganze Album so zu nennen, weil die Stimmung in meinen Songs immer so depressiv ist.

5 Wie schwer ist es für gute Songwriter, sich im Einklang mit dem Zeitgeist durchzusetzen?

Ich bin immer einen eher einsamen Weg gegangen und habe mir oft gewünscht, dass ein paar Leute mehr hören, was ich tue. Aber seit ich wieder mit Lilac Time zusammen bin, habe ich gemerkt, dass es gerade einen Folk-Boom gibt. Vielleicht ist dieses Album ja mal nicht nur eine Platte für immer, sondern auch für den Moment.

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