Patrick Gammon – Hamburg, Onkel Pö


Der in München lebende Amerikaner Patrick Gammon ist in mancher Beziehung ein Phänomen. Trotz seiner Jugend (25) hat er bereits eine erstaunliche Karriere hinter sich. Mit 16 Jahren Keyboard-Spieler der Band von Ike & Tina Turner, später sogar deren Bandleader. Als es ihn nach einiger Zeit reizte, sich auf eigene Füße zu stellen, emigrierte er zusammen mit dem Bassisten Reggie Worthy nach München, wo er schnell Eingang in die dortige Disco-Szene fand und zum begehrten Studio-Musiker avancierte. 1978 erschien die LP RAW-NESS, ein Jahr später auf Tamla Motown das Meisterwerk DON’T TOUCH ME, das jedoch trotz durchweg ausgezeichneter Kritiken weitgehend unbeachtet blieb. Gammarock ist ein vierköpfige Band, zu der neben Gamrnon und Worthy noch der südamerikanische Jazz-Gitarrst Eric Mena und der Schlagzeuger Günther Winkler gehören. Gammon ist auf jeden Fall Zentrum der Band, fingerfertiger Keyboard-Mann, Lead-Sänger und einfallsreicher Songschreiber. Nach einigen Eingewöhnungs-Nummem wird er gelöster, verspielter; man sieht ihm an, daß er in seinem natürlichen Element ist. Einige Gesangsparts tritt er an Reggie Worthy ab, obwohl der an Gammons Stimm-Akrobatik doch nicht ganz herankommt. Bemerkenswert auch das Gitarrenspiel von Eric Mena, der nicht nur ein hervorragender Rhythmusgitarrist ist, sondern auch das eine oder andere fantastische Solo beisteuert und unter Zuhilfenahme der Pitch-Transposers mit seiner Gitarre wahre Orchesterklänge hervorzaubert. Das Repertoire von Gammarock ist äußerst vielseitig, nicht nur auf Funk-Nummern zugeschnitten (obwohl mir die immer noch am besten gefallen), man wagt auch Rockiges und sogar einen fantastischen (durch einige Show-Einlagen sehr ausgedehnten) Blues. Etwas übertrieben für meinen Geschmack allerdings die Solo-Einlagen. Das anfangs zurückhaltende Publikum im auch nicht besonders gefüllten Onkel Pö (Gammarock spielte zwei Abende hintereinander) waranscheinend durch diese Vielfalt etwas verwirrt und kam erst beim zweiten Set (es folgte noch ein dritter – drei Stunden Musik!) in angemessene Stimmung. Hervé Bordeaux