Abgeschminkt


Mit einem schlichtweg bezaubernden Chanson-Album ist dem Topmodel Carla Bruni ein Geniestreich gelungen

Ich war eine junge Frau, aber ein altes Modell“, sagt Carla Bruni (35), die vor einigen Jahren dem Modebusiness den Rücken gekehrt hat, um an ihrem Debüt-Album zu arbeiten. In diesen Tagen erscheint mit Quelqu’un m’a dit in Deutschland das schlichte, reife und vor allem wunderschöne Erstlingswerk der italienischstämmigen Pariserin, das sie – trotz einst Aufsehen erregender Affären mit Mick Jagger und Eric Clapton – ohne fremde Hilfe komponiert hat.

Du hattest häufig Beziehungen zu Musikern. Wussten Jagger und Clapton, dass du singst und Lieder schreibst?

Ich denke schon. Aber damals ging es um etwas anderes.

Du hast nie mit ihnen gejammt?

(lacht) Nein! Sie sind so unglaublich talentiert. Wenn man selbst Musik macht, kann das lähmend sein. Wenn du dich mit Eric Clapton vergleichst – wenn du wirklich gesehen hast, wie er arbeitet -, dann wirst du keine Platte aufnehmen. Diese Leute sind so viel besser … Aber ich habe die Musiker, mit denen ich zusammen war, immer genau studiert.

Hast du dir überlegt, berühmte Gäste für dein Debüt zu holen?

Oh nein. Berühmte Namen helfen da nicht weiter. Mein Name hat mir zuerst die Türen geöffnet, danach bin ich aber gegen viele „barrières“ gerannt. Man hat Blindtests mit meiner Platte gemacht, weil ich wollte, dass sich das Label für meine Songs und nicht für den Namen interessiert.

Welche Reaktionen erntet ein Model, wenn es Pläne äußert, eine Platte zu veröffentlichen?

Ironie. Aber das war mir egal. Jeder hat Vorurteile. Sie denken, dass ein Model keine Songs schreiben kann. Das ist normal, ich habe selbst viele solcher vorgefassten Meinungen.

Deine Platte ist sensibel und tiefgründig. Du musst das Modebusiness als schrecklich seicht empfunden haben…

Nein, ich bin etwas langsam. Modelling war damals perfekt für mich. Was für Songs hätte ich als 20-Jährige schreiben sollen? Ich war immer auf Reisen und hatte kaum Gelegenheit nachzudenken. Es gab mir die Möglichkeit, viele Farben, Länder und die verschiedensten Menschen kennen zu lernen. Es hat mir viele Erinnerungen beschert. Ich musste leben, bevor ich ein Album machen konnte.

Deine Mutter ist Pianistin, dein Vater Alberto Bruni-Tedeschi hat Opern komponiert. Du bist mit Musik aufgewachsen.

Oh ja, ständige Stereo-Beschallung (lacht). Meine Familie hat mich mit Musik vertraut gemacht. Auch wenn mein Vater Rock’n’Roll nicht mochte. Ihm gefiel höchstens ein bisschen Free-Jazz.

Bist du mit deinen Songs schon live aufgetreten?

(leise) Noch nicht. Das ist ein großer Traum von mir. Aber ich muss hart arbeiten, denn ich bin nicht sehr gut.

Dabei klingt die Platte ziemlich reif…

Vor einem Publikum zu singen ist „the real job“ – obwohl wir das Album auch nicht Satz für Satz aufgenommen haben, sondern die Songs immer ungeschnitten eingespielt haben. Aber eben auch in der Küche. Vor vielen Leuten werde ich schrecklich nervös. Ich weiß nicht, ob ich gut genug bin, vertraue meiner Stimme nicht. Zu unsicher.

Dabei solltest du gewöhnt sein, angestarrt zu werden.

Das ist nicht zu vergleichen, wenn du Lust auf den Laufsteg hast, kannst du morgen anfangen: Gehe, zieh deine Jacke aus und dreh auf dem Absatz um. Singen ist ganz anderes. Da kannst du Menschen nicht täuschen wie mit Make-up.

„Singing is not like wearing a dress. It s more like wearing your soul“: so viel peinlicher, so viel komplizierter.

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