Kolumne

Aidas Kolumne: Warum wir Katy Perry für den All-Trip dankbar sein müssen

Aida regt sich über den All-Flug von Perry und Co. auf – ist den Frauen aber auch ein bisschen dankbar.


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Ich weiß, wir können es alle nicht mehr sehen, aber ich muss mich noch einmal aufregen: Die Sache mit der sogenannten „Raumfahrt“ von Katy Perry und Co. Wir haben alle Memes gesehen und vielleicht haben auch einige von uns mittlerweile gelesen, wie „Quellen im Umfeld von Katy Perry“ schreiben, dass sie sehr traurig sei über die fiesen, fiesen Kommentare im Internet (und von Schauspielerin Olivia Munn und Model und Autorin Emily Ratajkowski).

Die PR-Maschine ist im vollem Gange. Männer würde man ganz bestimmt niemals so kritisieren! In knackengen Kostümen und in vollem Make-up an den Rand des Alls fliegen, das sei bestimmt vorbildhaft für alle Frauen! Sie habe es doch nur gut gemeint! Und außerdem sehe sie sich immer noch als Umweltschützerin, schreibt die britische Zeitung „Daily Mail“. Schließlich verbrauche ein Flug mit den Raketen von Amazon-Chef Jeff Bezos’ „Blue Origin“-Raumfahrtfirma weniger Ressourcen! Ich weiß jetzt nicht, ob dass unser Ökosystem auch so sieht.

Katy Perry und die Fettnäpfchen

Ich will mich ja auch nicht wieder an Katy Perry aufhängen – vorheriges Jahr ihr Musikvideo für „Woman’s World“ hat mir schon völlig ausgereicht. Aber leider muss ich eben doch nochmal ran, es hilft ja nichts. Über so dermaßen beknackte PR-Stunts wie diesen elfminütigen Flug knapp über den Rand der Atmosphäre hinaus und wieder zurück, über die können wir uns nämlich nicht genug echauffieren. Denn die Memes, die uns alle beim Müll sortieren und Papierstrohhalme benutzen zeigen, während Katy Perry und Co. einfach so aus Jux, Dollerei und Promo ins All fliegen und damit wesentlich mehr Ressourcen in elf Minuten verbraten als viele andere in einem Jahr (oder zehn) machen einen ziemlich guten Punkt. Auch wenn ich sonst immer dafür plädieren würde, globale Herausforderungen wie die Klimakatastrophe nicht zu individualisieren, sondern immer als strukturelles Problem zu betrachten, bei dem individueller Verzicht herzlich wenig bis gar nix ausrichtet, bin ich eindeutig dafür, hier eine Ausnahme zu machen. Ich finde, Katy Perry und die anderen Celebrity-Mitreisenden kann man bei diesem Thema ganz individuell und persönlich scheiße finden. Und ihnen aber auch ein kleines bisschen dankbar sein. Warum? Na, sie haben das ganze Drama der Gegenwart wunderbar auf den Punkt gebracht: Egal was du tust, egal was du leistest, Leistung ist irrelevant, wenn öffentliche Ausgaben für Forschung, Kultur und Chancengleichheit beschnitten und abgeschafft werden. Um ins All zu fliegen, musst du mit Millardär:innen befreundet oder ihnen zumindest nützlich sein.

Raumfahrt als Promomove

Nützlich waren für die kleine, von Jeff Bezos’ Verlobter Lauren Sanchez organisierte Spritztour, nämlich auch zwei ausgebildete Wissenschaftlerinnen, Aisha Bowe und Amanda Nguyen. Deren Anwesenheit war der perfekte Vorwand für den Trip: Er sei ja totaaaal wichtig als Symbol, sondern auch für die Wissenschaft relevant gewesen! Aisha Bowe trug ein Gerät, das dabei helfe zu erforschen, wie Frauenkörper auf Raumfahrt reagieren (fair) und habe ein Experiment durchgeführt, dass erforschte, wie Süsskartoffeln und Kichererbsen im All wachsen können (wie das in elf Minuten studiert werden kann, ein Mysterium). Die Erkenntnisse, die deren Anwesenheit vielleicht oder vielleicht auch nicht gebracht hat, wiegen es sicherlich auf, dass Katy Perry den Trip genutzt hat, um ihre Tour zu promoten.

Wirklich? Oh ja: Ihre knappe Zeit in der Schwerelosigkeit nutzte die Sängerin nämlich, um die Setlist ihrer kommenden Konzerte in die Kamera zu halten. Irgendwie muss man die Tickets ja verkauft bekommen, nicht wahr? Alles ist Performance, alles ist Promo. Die einen kratzen sich ihre letzten paar Cent zusammen, um Anzeigen auf Tiktok und Insta zu schalten, betteln um rechtzeitige Ticketkäufe, um Touren planen zu können und kämpfen um ihre Existenz – die anderen fliegen dafür mal eben in die Schwerelosigkeit. Wie sagt man so im Internet? Wir leben in einer Simulation.