Aretha Franklin: Aretha Franklin & Bobby Womack live


Chicago, Arie Crown Theater.

Ein Soul-Gipfeltreffen in der Blues-Stadt Chicago: Zwei Konzerte lang standen die „Queen of Soul“, Aretha Franklin, und Bobby „It’s All Over Now“ Womack gemeinsam auf einer Bühne – allerdings vor „geschlossener Gesellschaft“. Denn obwohl die beiden Gesangs-Veteranen noch nie so poppig klangen wie auf ihren aktuellen LPs, blieb ihr schwarzes Stammpublikum live (das will nun mal die in den USA immer noch bestehende kulturelle Apartheid) größtenteils unter sich.

Nicht, daß dies in Chicago jemanden gestört hätte – vor allem Bobby Womack gelang es, mit der lautstarken Rückendeckung der „ladies in the house“ selbst in einer großstädtischen Konzerthalle eine so intime wie mitreißende Atmosphäre zu schaffen, wie sie sonst nur in den schwarzen Clubs des amerikanischen Südens herrscht. Seine emotionelle Zwiesprache mit den Zuhörern erinnerte an die aufrüttelnde Rhetorik von Gospel-Predigern; die Offenherzigkeit von Womacks verbalem Vorspiel und seine einschlägigen Hüftbewegungen riefen dagegen ganz und gar weltliche Assoziationen hervor, die manche Damen aus den Sitzen rissen.

Bobby Womack sprach/sang seinem Publikum aus dem Herzen; seine rauhe, vom Tournee-Streß leicht angeschlagene Stimme machte besonders die Balladen zu dramatischen Höhepunkten. Wie ein guter Schauspieler stellte Womack Herzschmerz und unerfülltes Verlangen so überzeugend dar, daß die pure Schönheit seiner vokalen Künste am Ende alle amourösen Qualen vergessen ließ.

Kongeniale Hilfe erhielt Womack dabei von seiner mehrmaligen Duett-Partnerin Alltrinna Grayson, die regelmäßig stehende Ovationen erntete. Die untersetzte Sängerin stieß mit einer solchen Macht und Intensität ins Mikrofon, daß sich der Star der Show ganz schön anstrengen mußte, um von Alltrinnas stimmlichen Urgewalten nicht überrollt zu werden.

Womacks mitternächtliche Emotions-Exzesse zu übertreffen, gelang selbst Soul-Königin Aretha Franklin nicht so recht. Und, ehrlich gesagt, sie gab sich auch keine besondere Mühe. Stimmlich war sie zwar in bester Form (wie George Clinton sagt: „Sie kann gar nicht schlecht singen!“), aber es mangelte an wirklich magischen Gänsehaut-Momenten. Erst bei einigen ruhigeren Passagen nahm sie sich selbst die Freiheit, die starren Song-Gerüste zu verlassen und ihrer Stimme etwas improvisatorischen Auslauf zu lassen.

Nicht gerade hilfreich war dabei ihre Band, die streckenweise besser in Las Vegas aufgehoben gewesen wäre und besondere Probleme mit einem Funk-Fetzer wie „Jump To It“ hatte.

Ein amerikanischer Kritikerkollege brachte seine Probleme mit „Lady Soul“ auf den Punkt, als er ihre Fans mit Schatzsuchern verglich:

„Man weiß, daß das Gold irgendwo vergraben ist: aber es ist manchmal ganz schön schwer zu finden.“ Bobby Womack macht einem die Suche etwas einfacher.