Auf den Spuren von Phil Collins


Hot Chip hassen Indierock und haben manchmal recht seltsame Wünsche.

Man kennt Hot Chip inzwischen ganz gut. Trotzdem wunderte man sich, als Joe Goddard und Alexis Taylor kürzlich auf dem Londoner Bloomsbury-Festival gastierten – einer Gratisveranstaltung für Freunde von Theater, Ausstellungen, klassischer Musik und anderen Kunstrichtungen jenseits von Pop. Die beiden Fremdgänger spielten mit dem Streicherensemble Elysian Quartet. „Ich durfte mit einem alten Synthesizer eine halbe Stunde lang frei improvisieren, so etwas habe ich vorher noch nie gemacht. Einmal im Leben konnte ich mich so wie ein richtiger Musiker fühlen“, jubelt Goddard. Ganz ernst muss man den korpulentesten und gesichtsbehaartesten Musiker des Quintetts da nicht nehmen. Minderwertig muss er sich wirklich nicht vorkommen: Hot Chip haben mit the wahning elektronische Popmusik abgeliefert, auf die man lange gewartet hat, die den Mumm hatte, sich von der ewig selben kraftwerkelnden Synthipop-Ästhetik der 8oer zu lösen. Stattdessen: verspielt klöppelnde Sounds, Melodien mit Soul, Gefühl und schrägen Ideen. Ein ganz eigenes Ding, an dem mit madeinthedark weitergebastelt wird. „Shake A Fist“ ist der bisher härteste Hot-Chip-Song, an anderen Stellen drängelt sich mal eine Gitarre dazwischen, zur Erholung gibt es viele Balladen. 70 Prozent des Albums, sagt Goddard, seien in seiner guten Stube am Computer entstanden, ein paar Akkorde auf dem Piano im Zimmer seines Mitbewohners. Für die restlichen Aufnahmen ging die Band ins Studio. „Ich muss zugeben, dass mir Rock- und Discoproduktionen aus den 90ern sehr gefallen, weil sie an riesigen Mischpulten entstanden sind. Aber man kann damit auch viel versauen. Gute Musik entsteht oft mit beschränkten Mitteln „, weiß Goddard. Alexis Taylor würde am liebsten ganz auf Maschinen verzichten. „Ich sehe mich gar nicht als elektronischen Musiker“, sagt er. Inspirierend finde er Kollegen aus anderen Welten. „Manchmal wünschte ich, ich könnte einen Song schreiben, der so gut ist wie ‚Against All Odds‘ von Phil Collins.“ Da schluckt man, aber Taylor geht noch weiter. „Ich kann mir vorstellen, wie Indierock-Fans das aufnehmen, aber weißt du was? Indierock kann mich mal! Ich hasse dieses Genre und was aus ihm geworden ist. Ich hasse das Wort Indie. Ich hasse die Affektiertheit, die Arroganz, bewusst gegen was zu sein, zum Beispiel gegen schwarze Musik.“ Wir lernen: Hot Chip schwimmen gegen den Strom, feiern kaum goutierbare Einflüsse ab und klingen dennoch cool wie sonst nichts. Soll ihnen mal einer nachmachen.

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