Beastie Boys


DABEI FING ALLES SO GUT AN. DIE BEASTIE BOYS STÜRMTEN in orangen Overalls den gigantischen Plattenteller in der Saalmitte und wurden euphorisch begrüßt. Respekt für drei innovative Musiker,die beanspruchen können,ein neues Genre des farbenblinden HipHop entwickelt zu haben. Eine beispiellose 13jährige Entwicklung haben die Beastie Boys vollzogen, Intelligenz und visionäre Musikalität als Fundament, Provokation und Unvorhersehbarkeit als Überbau. Halleluja! 10 000 Fäuste für ein Trio, das die Brücke zwischen Old und New School mit obskuren Ausflügen geschlagen hat, und mit all dem Jazz, Punk und Rap ein fett funkendes Ganzes geschaffen hat. Für Stuttgart war das Grund genug für eine Party, und als Neuzugang DJ Mixmaster Mike die ersten Beats in die Runde schleuderte, brach alles los, was einen Kapuzenpulli hatte. Elektrische Energie, hysterische Aggressivität -Track an Track explodierte über die ersten 20 Minuten, und rund um die Bühne wurde geschupst, getreten und gesprungen, bis die Nasen bluteten. Doch weil MCA (Adam Yauch), Mike D. (Michael Diamond) und King Ad-Rock (Adam Horovitz) mehr sind, als ein HipHop Art, zogen sie an dieser Stelle die Bremse. Während sich die ersten Reihen im Publikum auf die Suche nach ihren verlorenen Caps und Ruckäcken machten, verteilten sich Yauch, Diamond und Horovitz an Bass, Schlagzeug und Gitarre und starteten (unterstützt vom Percussionisten Alfredo Ortiz) in ein Set von 7oer-Jahre Flohmarkt-Jazz, das meiste von der 1992er LP „Check Your Head“.

Zeit zum Verschnaufen? Mitnichten! Kaum hatte man sich an entspannte Bossa-Rhythmen gewöhnt, gallopierten die Beasties in ein Punk-Gewitter und genau hier war es, daß die meisten den Anschluß verloren. Stücke wie „Heart Attack Man“ mutierten in beschnittenen 30-Sekunden Versionen zu Pop-Art Statements, apokalyptisch-infernales Gedonner, zerrissen durch störende Privatunterhaltungen der Günther Jauch-Lookalikes. Die mehrfache Wiederholung dieser Abfolge von HipHop, Jazz, Punk und Schwätzen überforderte immer mehr der erschöpften Fans, selbst kritiklose Bewunderer konnten kaum schnell genug zwischen Moschen, Zuhören und Ohrenzuhalten umschalten. Was die Beastie Boys zum Besten gaben, war zu jedem Zeitpunkt clever und anspruchsvoll, mit der fehlenden Homogenität begannen jedoch mehr Faktoren zu stören: Eine 360-Grad Bühne eignet sich für die Aufzeichnung des ZDF-Sommergartens, der geballte Druck einer einseitig ausgerichteten Optik verliert sich bei runder Architektur jedoch in Rücken- und Profilansichten. Eigentlich Kleinigkeiten, doch ohne Klassiker wie „Fight For Your Right“ und „No Sleep ‚Til Brooklyn“ ließen die Beastie Boys nach 80 Minuten ein Publikum der gemischten Gefühle zurück: „Es war eigentlich irgendwie halt schon ziemlich gut“, resümiert ein Fan präzise.