Bitte ein Byte!


Seit Jahren dominiert der Klau, doch nun tun sich immer mehr ernstzunehmende erlaubte Alternativen im Netz auf. Eine neue, ganz legale Download-Welt wird in Umrissen sichtbar. Ein Überblick.

Seit über sechs Jahren saugen Kids, Nerds und technikliebende Musikfans digitale Songs aus dem Internet. Und seit ungefähr drei Jahren versuchen auch die Plattenfirmen mit den digitalen Downloads Profit zu machen. Doch die normalen Plattenkäufer können nur langsam überzeugt werden. Neue Angebote sollen das jetzt ändern.

Nachdem die Musikindustrie erfolgreich illegale Musiktauschbörsen wie Napster oder Audiogalaxie zur Strecke gebracht hat und mit harten Bandagen gegen die MP3-Dauer-Downloader von beispielsweise Ka-ZaA vorgeht, könnte nun endlich auch das Geschäft mit kostenpflichtigen Downloads boomen. Und in der Tat sind viele Musikliebhaber mittlerweile gerne bereit, für gute Songs auch ein paar Cents auszugeben. Bester Beweis: Der Computerhersteller Apple zeigte jüngst den Größen der Musikbranche, wie man mit einem guten Angebot Datenströme in Geldströme umwandelt. Seit April diesen Jahres hat Apple mit seinem vollmundigen Werbeslogan „Rock and Roll will never die. 1t is, however, being reborn“ immerhin über 14 Millionen Songs verkauft.

In Branchenkreisen gibt man mittlerweile unumwunden zu, dass die Plattenindustrie die Entwicklung regelrecht verschlafen habe. Edel Music-Chef Michael Haentjes sagt beispielsweise selbstkritisch: „In keiner anderen Branche hätte man es sich erlaubt, ein Produkt zwanzig Jahre lang mit der gleichen Verpackungzu verkaufen.Neue Ideen in der Gestaltung undVermarktung unserer Tonträger sind heute mehr denn je gefragt.“

Auch das Lamentieren über Umsatzrückgänge und böse illegale Dienste waren der Entwicklung eigener Lösungen nicht gerade dienlich. Zwar konnten sich in den USA gerade in den letzten zwei Jahren eine handvoll kostenpflichtiger Musik-Stores etablieren, doch die wenigsten sind auch Europäern richtig zugänglich. Inzwischen allerdings tut sich auch hierzulande etwas. Eine Übersicht über Online-Musik-Stores für deutsehe Internet-User bieten wir auf diesen drei Seiten mit einigen Anhaltspunkten, die vor allem Einsteigern den schwierigen Vergleich ihrer Leistungen erleichtern sollen. Denn: Wer seine Musikbibliothek mit legalen Downloads bereichern will, kommt nicht umhin, sich mit gewissen Fragen auseinanderzu setzen:

Was kostet ein Song ? Wie teuer ist ein komplettes Album? Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Kostet ein Song 1,69 Euro, so kommt ein Album mit 12 einzelnen Liedern rechnerisch auf immerhin 20,28 Euro. Reeller sind hier (in Deutschland leider noch seltene) Komplett-Angebote: Ein Album kostet dann beispielsweise pauschal oftnur 9,99 Euro. Wie bezahlt man ? Fast alle Dienste akzeptieren die Bezahlung per Kreditkarte, einige bieten Lastschriftverfahren oder Bezahlung per Internetwährung (Firstgate, Micropayment) an. Für Telekom-Kunden scheint die Abrechnung über die Telefonrechnung eine gute Alternative zu sein.

Welches Repertoire bietet der Dienst? Kein Dienst hat bisher eine unendliche Auswahl an Songs, noch haben nur wenige echt „brandheiße“ Tracks. Besonders selten: Musik aus sehr speziellen Genres fernab des Pop-Mainstream.

In welchem Format liegen die Musikdownloads vor?

Wie sieht es mit der Verwertbarkeit aus? D.h. lassen sich die Tracks auf CD brennen, auf einen zweiten Computer auf die Festplatte übertragen oder auf einem portablen Player wiedergeben? Individuelle Urheberrechts-Schutzmechanismen (Digital Rights Management) machen hier unterschiedliche Angebotsformen möglich.

Wie lange dauert der Download (durch den auch zusätzliche Online-Kosten entstehen können/? Es kommt auf die Form des technischen Zugangs (Modem, Kaum ein PC-Besitzer kommt heute noch am Windows Media Player vorbei. Fast alle legalen Online-Stores vertreiben ihre Musikdateien im zugehörigen WMA-Format. Der Grund: Die neuen Versionen lim Moment 9.0) unterstützen die Wahrung der Urheberrechte von digitaler Musik. Das so genannte Digital Rights Management (DRMI verhindert die grenzenlose und unerwünschte Kopierbarkeit der Dateien. Nur wer die nötige Lizenz beim Download-Deal mit erwirbt, kann beispielsweise WMAs auf eine CD brennen oder auf einen Digital-Player übertragen ISDN-oder DSL-Anschluss) an. Die durchschnittliche Übertragungsdauer eines Drei-Minuten-Songs mit 56 K Modem beträgt sieben bis neun Minuten. Besitzer eines 2Kanal-ISDN-Anschlusses mit einer Übertragungsrate von 128 Kilobit pro Sekunde schaffen den Ladevorgang normalerweise in drei bis vier Minuten. Und wer wirklich modern, also mit einem DSL-Breitbandanschluss mit einer Übertragungsleistung von 384 Kilobit pro Sekunde, ausgestattet ist, hat den gewünschten Track bereits nach einer Minute auf dem Speichergerät seiner Wahl.

Diese Schöne Neue Welt der legalen Download-Angebote mag mangels Repertoiremasse insgesamt noch nicht das Wunschlos-Glücklich-Paradies für zahlungswillige Musikkonsumenten sein. Und doch: Ein Blick zurückin die Historie des digitalen Musik-Download-Handels und -tauschens zeigt immerhin, dass die Entwicklung des Angebots zuletzt lasant an Fahrt gewonnen hat:

1997 trat mit MP3.c0m eine erste große Plattform für Acts, die nicht unter Vertrag stehen, auf den Plan. 1998 ging Emusic.com ans Netz, die erste kommerzielle Website, die Singles und Alben im MPj-Format verkauft. 1999 dann der Schock für die Musikindustrie: Der US-Student Shawn Fanning startet mit Napster, com die erste erfolgreiche „Peer-to-peer“-Internet-Songtauschbörse. Verträge mit den Labels hat er nicht. Kurze Zeit später wird gegen diese Form der „Musikpiraterie“ geklagt. Anno 2000 wird die erste gToße Plattenfirma selbst aktiv: Sony Music Entertainment beginnt mit kommerziellen digitalen Downloads von Singles in den USA. Emusic.com kündigt Pläne an, einen Abonnementdienst in den USA zu lancieren. Ka-Za A, eine Software zur gemeinsamen Nutzung von Dateien (MP3S) wird populär, 2001 rufen Sony und Universal das Portal Pressplay.com ins Leben. Napster wird per Gericht gezwungen das Angebot einzustellen.

OD2, ein britischer Online-Musik-Dienstleister, lanciert seine WebAudioNet-Plattform für den Einzelhandel mit digital vertriebener Musik. EMI lizenziert Teile seines Katalogs an Pressplay, Warner Music stellt seine Kataloge für den Vertrieb auf Abonnementsbasis bereit. FullAudio trifft ein Abkommen mit Universal. Die Kaufdienste Rhapsody und MusicNet starten in den USA. 2oo2kommen die Anbieter Listen.com und FullAudio.com hinzu, EMI vertreibt Musik über US -basierte Internet-Dienstleister,-Portale und Online-Händler wie AOL, Yahoo!, MSN, MTV.com und MP3.c0m. 2003 werden mit Madonnas „American Life“ und Fleetwood Macs „Peacekeeper“ erstmals Singles eines Major-Labels vorab als Digital-Downloads verkauft.Und dann der große Knall: Apple lanciert den iMusicstore in den USA mit dem Repertoire der fünf großen Labels und bietet einzelne Tracks zu 99 Cent an.