Black Sabbath live in München


Sie waren kürzlich auf Deutschland-Tournee und ich konnte feststellen, dass ihr Hard-Rock Sound immer noch so populär ist wie eh und je. Black Sabbath sind keine Hexenmeister - sie lachen sich halbtot, wenn man Schwarze Magie mit ihnen in Verbindung bringen will. Mit ihrem Bassisten Geezer Butler sass ich gerade am Mittagtisch, als dieses Thema zur Sprache kam.

Geezer: Es muss sich da um eine Verwechslung handeln, es gibt nämlich eine Band, die Black Widow heisst und soviel ich weiss, sind die auf dem Black Magic-Trip. Wir sind mit unserer Musik bereits vollbeschäftigt, right?

Geezer Butler war froh, dass an diesem Nachmittag in München keine Pressekonferenz angesetzt war. Oh nein, er hatte nichts gegen Journalisten. Während er etwas appetitlos mit der Gabel in seinem Essen rumrührte, lud er mich ein, doch mit auf sein Zimmer zu kommen. Dort könnten wir ein bisschen locker quatschen, einen trinken, und er fände Zeit, um sich die Haare zu waschen. Keine schlechte Idee, dachte ich, doch nach dem Essen schlaffte der gute, alte Geezer ziemlich ab. Er entschuldigte sich und stand auf, um sich aufs Ohr zu legen.

ROCK IM LÖWENBRÄU-KELLER

Abends ging organisatorisch eine ganze Menge durcheinander. Foto-Session-Termine gingen in die Brüche und so einiges mehr. Mit einem ‚Wir schaukeln das schon‘ Gefühl setzte ich mich gegen halb acht ins Taxi und liess mich in Richtung Löwenbräu-Keller steuern.

Dort war Münchens Sky-Line mit knalligen Farben auf den Bühnenhintergrund gepinselt. Ein paar verlorene Faschingsgirlanden spannten sich unter der Saaldecke. Keine Ahnung, aber plötzlich fühlte ich mich irgendwie sauwohl. Der ‚Keller‘ sah eigentlich ganz witzig aus, ein wenig zu klein vielleicht für eine Band vom Kaliber Black Sabbath. Kaum hatten meine Augen die Szenerie durchgeblinzelt, da ging’s auch schon los. Die Vorgruppe schaffte sich recht dufte – Badge hiess sie übrigens – und das Publikum war auch nicht von schlechten Eltern. Nach ’ner guten Viertelstunde besinnte ich mich auf meine Pflicht (jaja!), denn schliesslich war ich in Deutschlands Süden gereist, um Black Sabbath anzutesten. Wenn schon kein ‚Magic‘, dann hatte ich doch wenigstens ein bisschen Glück verdient.

Hinter den Kulissen stürmte ich in die Garderobe, wo Gitarrist Tony Iommy und Sänger Ozzy Osborne mit ausgedienten Faschingskostümen herumulkten. Bevor ich meinen Fotoapparat jedoch startklar machen konnte, bat mich der nicht mehr junge, aber trotzdem recht freundliche BS-Manager, die Jungs bis nach dem Konzert allein zu lassen. Er versprach mir eine Interview-Gelegenheit nach dem Konzert. Ich wusste, dass ich mich darauf verlassen konnte, denn wir hatten uns nachmittags bei einem Plausch in der Hotel-Bar bereits näher kennengelernt.

IN CONCERT

Dann war es soweit. Es ging mächtig los, als ‚Ozzy‘ vor dem ersten Song ankündigte, dass dieser Abend aufgenommen wurde und eventuell auf der bald zu erwartenden Live-LP festgehalten werden sollte. Mit der Lautstärke war man nicht pingelig, aber dass konnte man sich ja an seinen zehn Fingern abzählen, bevor man sich entschlossen hatte, Black Sabbath zu erleben. Irgendwann fiel mal kurz der Strom aus, was soll’s, ich blickte in die Runde und stellte fest, dass das Publikum sich glänzend amüsierte. Als ich mich selber fragte, wie ich’s denn nun fand, musste ich tatsächlich erst überlegen. Hard Rock war wohl nie meine ganz grosse Liebe, sowas ist vermutlich Mentalitätssache. Gegen Ende des Gigs war ich trotzdem fasziniert. Das Publikum hatte sich warmgetobt. Es drängte sich vor der Bühne, sodass an Sitzenbleiben garnicht mehr zu denken war. BS konnte eine Menge Beifall für’s angekündigte Live-Album auf die Tonbänder bannen. Während ‚Paranoid‘ als Zugabe durch den Saal fegte, postierte ich mich schnell wieder neben die Garderobentür.

WIE WEIHNACHTEN

‚Ne halbe Stunde brauchten die Hard-Rocker zum Abkühlen. Auf der Rückfahrt ins Hotel sass ich mit Tommy Iommy im Auto. Er sah verdammt zufrieden aus. In dieser Nacht hatte es kräftig geschneit, Tony törnte das enorm, er schwärmte von Weihnachten, summte ein paar Takte Jingle Bells, Jingle Bells .. und schon waren wir im Hotel. Dort vertraute mir der Black Sabbath-Manager Drummer Bill Ward an, ich wusste es doch, dass das Glück mich nicht im Stich liess. Bill ist so ein dufter Typ. Wir setzten uns zusammen mit seiner amerikanischen Freundin in die Bar, tranken ein paar Brandys und sprachen ganz nebenbei auch über Black Sabbath. Bill: „Wir, die Jungs in der Band, wir verstehen uns prächtig. Ich glaube an eine lange Zukunft für die Gruppe, weil wir es im Laufe der Jahre gelernt haben, uns von der Arbeit nicht kaputtmachen zu lassen. Take it easy, slow down – das Leben ist es wert. Das möchte ich auch Dir empfehlen. Sicher wirst Du ebenfalls hin und wieder von den Terminen gehetzt – just take it easy.“

FERNSEHER DURCHS FENSTER GEWORFEN

So schnell hatte ich wohl kaum zuvor eine Freundschaft geschlossen. Nach einer Weile setzten sich ein paar Roadies zu uns an den Tisch. Wir gehörten alle zusammen. Wir spürten es und wir sagten es uns. Wir genossen es, dass wir, aus unbekannten Welten kommend, zueinander gefunden hatten, um uns zwei Stunden später wieder in neue, unbekannte Welten zu verlieren. Eine Sache werde ich so schnell nicht wieder vergessen. Wir kamen darauf, dass viele Bands Fernsehapparate und ähnliches aus ihrem Hotelzimmer durchs Fenster werfen, wenn sie mal übermütig werden. Bill: „Du wirst staunen, wir haben sowas auch schon mal gemacht — in den Staaten. Die Zeitungen schrieben gleich, Black Sabbath hasst die USA. Es gibt wirklich ein Paar Dinge in Amerika, die einem Angst machen und deshalb vielleicht Hassgefühle aufkommen lassen. Wir sind sauer auf das spiessige Amerika, vielleicht sind deshalb die Fernsehapparate durchs Fenster geflogen, andererseits fühlen wir uns den jungen Leuten drüben sehr verbunden, die damit beschäftigt sind, das Amerika von morgen, das gute, friedliche Amerika aufzubauen. Wenn wir sagen, dass wir Amerika hassen, dann, weil wir es lieben. Und nie würde es uns einfallen, nicht mehr rüberzufahren. Zweimal im Jahr sind wir im Durchschnitt auf US-Tournee, sicher auch aus finanziellen Gründen, aber nicht nur. Es gibt Wichtigeres.“