Bloc Party: Der Gesang der Jünglinge im Glutofen


So here they are: vier - was soll man sagen - nette Jungs aus London. Wenn sie überhaupt etwas falsch machen, dann, daß sie alles richtig machen. Köln, Live Music Hall.

„God Bless Bloc Party„, steht auf den T-Shirts am Verkaufsstand, und vielleicht wäre jetzt, kurz vor Konzertbeginn, wirklich der richtige Moment, um ein Stoßgebet in den Kölner Abendhimmel zu schicken: Guter Gott, halte deine Hände schützend über diese Band auf ihrem hoffentlich noch langen Weg. Laß sie so frisch und ungekünstelt bleiben, wie sie’s gerade sind, und stopfe allen, die Bloc Party weiterhin die „neuen Franz Ferdinand“ nennen (so alt sind die alten eh noch nicht), endlich das Maul. Oder noch besser: Öffne ihnen die Ohren. Und wenn du schon beim Wunderwirken bist: Etwas mehr Sauerstoff hier und jetzt wäre auch nicht schlecht.

Denn die Live Music Hall platzt gleich – was das sowieso zweifelhafte Vergnügen, sich die vom wahrscheinlich uncharismatischsten Sänger Belgiens angeführten Elektro-Hop-Popper Rich & Kool als Vorband anzusehen, zusätzlich schmälert. Spaß dagegen macht der andere Support Act des Abends, The Cribs aus Leeds: UK-Punk im Herzen, The Clash vor Augen und Slant 6 auf der Brust (als Aufdruck), womit wir wieder am Anfang wären. Beim T-Shirt-Stand, bei Bloc Party. Die laufen eine Stunde später ein und machen los, wie sie’s auf Platte tun: „Like Eating Glass“, eine Offenbarung von einem Opener. Die schwurbelnden Delay-Gitarren von Russell Lissackund Bandchef Kele Okereke! Der erst damit einheroszillierende, dann catchy drauflos hopsende Bass von Gordon Moakes! Und all die Kunststückchen von Matt Tong, der vorhin träumend wie ein verliebter Teenager über die nahe Ehrenfelder Einkaufsstraße schlenderte und nun mit nacktem Oberkörper über seinem Drumset Liter verschwitzt. Wenn Zeitgeist an kollektiver Euphorie gemessen wird, dann ist die New Wave der neue Garagenrock. Weil selbst der steifste Indie-Rocker hier tanzt (oder so tut) und anderthalbtausend Menschen das „fucking useless“ in „Positive Tension“ kollektiv über die Lippen geht. Für Bloc Party ist das ja kein neuer Anblick mehr, wohl aber ein noch immer überwältigender. Fast verlegen wirkt Okereke, als ihm die offenbar aus der Heimat nachgereisten Fans in der ersten Reihe zurufen. „Ihr sprecht mit Londoner Akzent!“, lächelt er scheu und sieht sich um, als suche er den Rückhalt seiner Band. „Was um Himmels Willen macht ihr hier?“

Gut für die Konzertdramaturgie, nicht so gut für alle, die hoffen, der Glutofen Live Music Hall würde sich allmählich abkühlen: Die Setlist folgt nicht der Songfolge des Debütalbums SILENT ALARM, dem bei aller Grandezza gegen Ende etwas die Luft ausgeht, sondern sieht die Mitmuß-Lieder, frühes EP-Material inklusive, im Zehn-Minuten-Takt vor. „Die machen aber auch gar nichts falsch“, strahlt ein Mädchen, während „The Pioneers“ nach einer guten Stunde die Zugaben beschließt. Hm. Ein, zwei Momente, in denen Bloc Party das Bild dieser perfekten Vorstellung einmal nicht aufrechterhalten – einen verpatzten Songeinstieg vielleicht oder ein Solo neben der Spur -, hätte man sich fast gewünscht. Aber wie klingt das, wenn man einer Band nichts anderes als ihre Makellosigkeit vorhalten kann? Eben. Ziemlich verzweifelt.

www.blocparty.com