Blowfly – Porno-Funk


Der Trick ist alt: wer Keinen Erfolg hat, läßt die Hosen runter. So auch Clarence Reid: Getarnt als "Blowfly", bringt er mit Hardcore-Porno-Versionen bekannter Hits mehr als nur Gemüter in Wallung. Teddy Hoersch probte im Schlafzimmer den Ernstfall.

Verschmitzte Augen, gewinnendes Lächeln, dicker Schnauzbart, Smoking, Fliege, satinausgeschlagener Dracula-Mantel… Wer ihn so sieht, schätzt ihn vielleicht auf späte 40 (richtig!) und tippt auf kuschelweiche Balladen, vorgetragen in einer anonymen Hotellounge zum Geklimper eines verstimmten Klaviers.

Falsch! Komplett falsch! Denn hier haben wir keinen Geringeren als Blowfly vor uns. Blowfly wie „Schmeißfliege“. Blowfly wie Hurensohn. Blowfly wie Clarence Reid.

Unter diesem bürgerlichen Namen ist unser Mann schon gut 20 Jahre im Musikgeschäft tätig. Allerdings meist ohne großes Glück. Er mußte erleben, wie all die Weichspüler mit ihren schmalztriefenden Songs an ihm vorbeizogen — mitten hinein in die Hitparade. Reid blieb namen- und mittellos. Bis er eines Tages eine geile alte Weisheit neu entdeckte: Sex sells. Mit einer ferkeligen Version von „Raindrops Keep Falling On My Head“ übertönte er zuerst nur seinen eigenen Frust. Kein Gedanke daran, mit so etwas an die Öffentlichkeit zu treten. Mama war empört („Du Ferkel!“) und Grandma fand’s so „nasty“, daß sie dem Enkel ein Pseudonym vorschlug: Blowfly. Doch trotz des familiären Widerstandes fanden die Hustler-Versionen bekannter Hitmelodien in Blowflys Heimat Miami Anklang. Blowfly nahm kein Blatt vor den Mund. In seinen Texten, unterlegt mit bassigem Techno-Funk und chartbekannten Melodiefetzen, artikulieren sich die feuchten Träume jenes Durchschnitts-Amerikaners, der öffentlich auf Moral pocht und heimlich in Blue Movie-Theatern verschwindet.

Bei Blowfly, diesem vertonten Mike Hunter, geht’s nur um das Eine -— und ständig irgendeinem ab. „I stand and masturbaw outside vom door/if it means I can dwell my dick deep within your cunt forevermore/ sometimes I think my balls will overflow/Hello, bitch is this what you’re looking for…“ reimte Blowfly in kruder Anlehnung an Schnulzenkönig Lionel Richie. Bei so viel verbalerotischer Unverblümtheit nahm es wenig Wunder, daß Reid sein Incocknito jahrelang wie ein Geheimnis hütete: „Freunde und Bekannte, die mich seil Urzeiten kennen, wissen nicht, daß Blowfly Clarence Reid ist“. Andererseits, so erzählt er, waren namhafte Stars wie die Bee Gees im wahrsten Sinne des Wortes scharf darauf, Blowfly’sche Pornoversionen eigener Hits zu hören. Der Manager riet ab.

Daß es ansonsten viel zu tun gab, seit der in Palm Beach geborene und lebende Reid seine versauten Sounds in Vinyl goß, belegen fünf Alben und ca. 40 Songs mit so —- hm -— spritzigen Titeln wie „That’s What Your Pussy’s Made For“. Die Porno-Oeuvres zu erwerben, stellte Fans, besonders in der BRD, auf eine echte Geduldsprobe. Das hat jetzt ein Ende. Alle fünf Alben plus Bonus Maxi, T-Shirt und Membership-Karte finden sich in der von BCM verlegten Box. Abgesehen von den Frühwerken und Vorspielen enthält diese Edition absolut alles, was man und frau braucht, für die Stunden zu zweit, dritt oder… Blowflys NASTY SEXPACK gibt akustische Nachhilfe in allen geschlechtlichen Undingen. Wer hier noch lernen will, muß sich allerdings beeilen: Der mit General-Bann belegte, im Radio undenkbare Blowfly soll in den berühmten Muscle Shoals Studios bereits zwei cleane Songs aufgenommen haben. Fuck it!