Bob Dylan


Highway 61 Rev. (1965)

9 Ein Jahr nach Erscheinen der Platte sagte Dylan, er könne sich nicht vorstellen, jemals ein besseres Album als

„Highway 61“ zu machen. Die meisten Kritiker würden ihm da sicher heute noch zustimmen. Im Sommer ’65 hatte Dylan alle Puristen beim Newport Folk Festival vor den Kopf gestoßen, als er die Butterfield Blues Band als Backing Band engagierte, und Butterfields Lead-Gitarrist Mike Bloomfield war auch bei den entspannten (aber inspirierten) Live-im-Studio-Sessions zu „Highway 61“ dabei — einem Album, das zusammen mit dem nachfolgenden „Blonde On Blonde“ die Rockmusik revolutioniert hat. Die Vorstellung, Rock könne als Vehikel für Texte mit literarischem Anspruch dienen, war damals völlig neu. Niemand jedoch konnte mit Worten so atemberaubend gut umgehen wie Dylan in dieser Periode. Er hatte das Image des Protestsängers an den Nagel gehängt, trieb sich mit Beat-Schriftstellern wie Allen Ginsberg und Michael McClure herum und schrieb wie Jack Kerouac in unreflektierten „Bewußtseinsströmen“. Dylans Texte zu erklären wurde die Freizeitbeschäftigung für Heerscharen von Rock-Kritikern aus aller Herren Länder (Dylan ist also indirekt auch Begründer des Rock-Journalismus) und selbst heute, nach 28 Jahren, hat sich die Jury immer noch nicht darauf einigen können, was seine Songs nun eigentlich bedeuten. Dabei ist Dylans Bildersprache mit ihren surrealen Gegenüberstellungen oft ungeheuer komisch — „Highway 61“ ist im Grunde ein großartiges „comedy album“. Boshafte Komik in „Like A Rolling Stone“, Slapstick-Humor auf „Tombstone Blues“, beißender Spott in dem Titelstück und selbst das düstere „Desolation Row“ hat durchaus seine amüsanten Seiten.