Bon Jovi: Bon Jovi im Leser-Interview


Schlechte Tattoos, peinliche Klamotten und volle Windeln: Die ME-Leser fragten und Bon Jovi antworteten. Der Anlass war "Bounce" das achte Studioalbum von David Bryan, Tico Torres, Richie Sambora und Jon Bongiovi.

Wenn die Arbeiten an einem Album abgeschlossen sind, ist da nicht immer trotzdem der Drang da, das eine oder andere noch zu ändern? Ariane Vogel, per E-Mail

JON: Eine Platte ist erst dann fertig, wenn das Zellophan außen rum ist. Und selbst dann würden wir dem Laster, der die CDs zu Tower Records bringt, am liebsten hinterherfahren und noch was ändern. Wenn du ein Album produzierst, bekommst du einen unglaublich engen Bezug dazu; da ist es verdammt schwer, irgendwann auch mal wieder loszulassen, das stimmt.

RICH: Selbst wenn die Zahncreme gewissermaßen schon komplett draußen aus der Tube ist, quetschen wir immer noch dran rum, versuchen, das allerletzte Stückchen Kreativität rauszupressen.

Was denkt ihr über die so genannten Neuerfinder des Rock’n’Roll wie die Strokes, die White Stripes, Black Rebel Motorcycle Club usw. – werden sie den medialen Hype überleben? Können Legenden wie die Stones heute überhaupt noch entstehen? Jana Robert, Neunkirchen

JON: Es lässt sich bei keinem vorhersagen, ob sein Name auf lange Sicht Bestand haben wird oder nicht. Ich mag die Singles dieser Gruppen, die du da gerade erwähnt hast, ihren Vibe. Diese Garagen-bands hauen dir eine Aufnahme in 20 Minuten hin, das war’s. Ich stehe auf diese Energie und mag auch die Strokes, die hatten ja auch diese eine Single … Das ganze Album habe ich allerdings nicht gepackt. Aber unsere erste LP war auch nicht der Weisheit letzter Schluss.

Nehmt ihr eure Ehefrauen und Kinder mit auf Tour? Sabine, per E-Mail

RICHIE: Gelegentlich, ja. Aber du kannst schulpflichtige Kids ja nicht so einfach schwänzen lassen.

JON: Sie schauen schon mal vorbei, sind aber inzwischen so schlau, nicht gerade in Idaho oder so aufzukreuzen – stattdessen kommen sie nach London, Paris oder L.A. und geben dort unser Geld aus.

Seid ihr selbstkritisch? Gibt es etwas, was ihr rückblickend bereut oder euch gar peinlich ist, einen bestimmten Song oder so etwas? Martina Blass, per E-Mail

RICHIE: Ich hätte mir für das „Runaway“-Video vielleicht etwas anderes anziehen sollen. (lacht) Aber als ich die Jungs damals fragte: Was haltet ihr davon?, sagten sie alle: Super! Ich schätze, die haben mich einfach nur verarscht.

JON: Das tun wir immer noch gern. Wenn Dave, unser Keyboarder, nachher kommt, dann wirf mal einen Blick auf seine Goofy-Schuhe. Wir haben sie ihm aufgeschwatzt, so nachdem Motto: Die Dinger sehen fantastisch an dir aus!

Die Stones feiern heuer ihr 40-jähriges Jubiläum. Werdet ihr es auch so lange aushalten? Franz Greul, Kilb, Österreich

JON: Es wäre ein großer Fehler, unseren Erfolgsstandard durch einen bloßen Aufguss dessen, was mal war, aufrecht erhalten zu wollen. Momentan gibt es in den USA viele Revival-Tour-Packages mit Bands, die in den Achtzigern mal groß waren und jetzt auf diese Weise ihr Geld machen. Sollen sie, aber so tun als sei es noch immer oder wieder 1986 – ich schwöre dir, das würde uns nicht passieren, da würden wir nicht mitziehen. Das haben wir uns schon damals geschworen, als wir gerade erst anfingen, uns einen Namen zu machen. Wir wollen nicht so sein wie einst der fette Elvis. (lacht)

Lest ihr die Fanbanner bei euren Konzerten ? Welches war das bisher originellste? Bärbel Franz, Mönchengladbach

JON: (spontan) Oh ja, die törnen mich an. Es gibt da ein Mädchen, Julie heißt es, die ist seit Jahren bei beinahe jedem Gig dabei. Sie hat so ein Banner, auf dem draufsteht, wie viele Bon Jovi-Shows sie schon gesehen hat. Weil es ständig mehr werden, muss sie dauernd die Zahl abändern.

Wie fühlt ihr euch in Anbetracht der Tatsache, 1984 noch als Support von Kiss durch Europa getourt, also vor einem eher rockorientierten Publikum gespielt zu haben, und in der Gegenwart eher die „Hausfrauenfraktion“ in großen Stadien zu bedienen? Frank Hüper, Köln

JON: Solche Fragen habe ich mir nie gestellt. Wir haben einfach immer unser Ding durchgezogen, und darauf bin ich stolz. Wir stehen zu dem, was wir tun.

RICHIE: Wir haben immer versucht, das Beste zu geben, auch wenn wir beispielsweise „7800 Degrees Fahrenheit“ aus heutiger Sicht eher müde belächeln. Aber zum damaligen Zeitpunkt, Mitte der Achtziger, war es das Optimum dessen, was für uns machbar war. Heute wissen wir: Dieses Album war kein wirklicher Treffer.

Haben die Väter in der Band auch schon mal volle Windeln gewechselt? Conny, per E-Mail

JON: (pfeift zwischen den Zähnen hindurch): Klar, erst heute Morgen wieder, eine Riesenportion Scheiße war das, ich kann dir sagen… (allgemeine Heiterkeit)

Jon, hättest du dir jemals träumen lassen, eines Tages ein Rock-Superstar zu sein? Sheonagh Law, per E-Mail

JON: (nachdrücklich) Nie und nimmer. Meine persönliche Vorstellung von Erfolg war, einmal so weit zu kommen wie Southside Johnny. Ich kann mich noch gut an das Led Zeppelin-Poster erinnern, das ich an der Wand hatte, da posierten sie vor ihrem Jet. Und was war? – später haben wir uns in exakt der gleichen Weise vor unserem eigenen Flieger ablichten lassen. Mannomann…

Was haltet ihr von Bon Jovi-Tribute-Coverbands wie Kon Chauvi oder Crossroads? Conny, per E-Mail

JON: Kon Chauvi kennen wir. Wir hatten ihr erstes Album, und jetzt sollen sie ja ein zweites gemacht haben. Da hätte ich gern mal reingehört.

RICHIE: In einem Club da, wo ich wohne, hat mal eine Bon Jovi-Coverband namens Slippery When Wet gespielt, die hatten nie und nimmer das Niveau von Kon Chauvi. Ich hab die Mädels der Musiker gefragt: Verdienen die mit diesem Zeug echt ihren Lebensunterhalt? (lacht) Ich hab trotzdem eine Nummer mitgespielt, war ziemlich peinlich.

Ihr seid schon mit so vielen anderen Künstlern zusammen aufgetreten – warum habt ihr bislang mit keinem ein Duett für eines eurer Alben aufgenommen?

Sebastian, per E-Mail

JON: Ich glaube nicht, dass so etwas zu uns passen würde; bis dato hat es jedenfalls keinen Sinn gemacht. Ich würde nicht so weit gehen, sagen zu wollen: Das werden wir nie tun, aber momentan hätte ich nach wie vor kein gutes Gefühl dabei.

Was haltet ihr davon, wenn sich Fans Bon Jovi-relevante Tattoos stechen lassen? Barbara Obersteiner, per E-Mail

JON: Hmmm, ziemlich heftig. Neulich las ich, dass ein Nascar-Rennfahrer beinahe ausgeflippt sei, als er einen Typen traf, der sich dessen Autogramm auf den Arm hatte tätowieren lassen. Da kann ich nur sagen: Hatten wir alles schon. Glaub mir, ich hab im Laufe der Jahre schon Massen von üblen Porträts von uns auf irgendwelchen Armen gesehen… (lacht)

Wie schafft ihr es, dass eure Hintern so knackig bleiben? Nadja Rogge, Berlin

RICHIE: (irritiert) Auf so etwas achten wir nicht. Die Vorderansicht zählt.

TICO: Also meinen Allerwertesten hat mein Drumhocker geformt …

Was ist das für ein Gefühl zu wissen, dass man so viele junge Leute inspiriert hat? Jennifer Sekosky, per E-Mail

JON: Darüber denke ich nicht weiter nach. Obwohl: 93 Millionen unserer Alben geistern da draußen in der Weltgeschichte mm – schwer vorstellbar, nicht?

TICO: Manche Leute haben eine besondere Beziehung zu bestimmten Songs von uns, das kriegen wir gelegentlich schon mit, so nach dem Motto „Bei dieser Nummer habe ich meine Jungfräulichkeit verloren“.

Das vollständige Gesprachsprotokoll kann man unter www.musikexpress.de nachlesen.