Bryan Ferry: „Es Wird Verdammt Gute Musik Gemacht“


Brian Ferry, Sanger der LP These Foolish Things‘ und Boss von Roxy Music, ist eine der markantesten Figuren der englischen Musikwelt. Nicht nur seine Musik ist interessant, sondern auch die Sicherheit, mit der er spricht, und die Atmosphäre seines Privatlebens überzeugen. Wir trafen ihn in seinem riesigen Wohnzimmer in dem Londoner Viertel Fulham. Hinter einem Flügel sitzend, auf dem ein grosses Portrait von Kim Novak steht, mit Musik von Cole Porter im Hintergrund, und Wänden, von denen der Kalk blättert, gibt Brian Ferry das stilvolle Bild eines Mannes, der eigentlich ins vorige Jahrhundert gehört. Nicht, dass er der heutigen Popscene überdrüssig wäre, im Gegenteil, durch ihn wird sogar ein ganzer Trend geprägt. Auf seiner nächsten LP wird er weniger altes Material verarbeiten als auf der letzten, aber seiner nostalgischen Vorliebe bleibt er dennoch treu. Bei einer englischen Tasse Tee erzählt er, weshalb er die alten Nummern für so wichtig hält.

MIT STREICHERN UND BLASERN

Ich finde, sie sind einfach zu gut, als dass man sie in Vergessenheit geraten lassen sollte, ausserdem stelle ich sie ja einem ganz neuen Publikum vor; die Leute, die meine Platten kaufen, sind zu jung, um die alten Scheiben noch zu kennen. Heute wird so wenig gute Musik geschrieben, unmelodiös, und, was noch schlimmer ist, die Texte beinhalten so gut wie nichts mehr. Seit den Beatles ist eigentlich erst die Gewohnheit aufgekommen, dass die Musiker auch ihre Texte schreiben. Es ist wahrscheinlich, dass wir heute mehr gute Musiker haben, als jemals zuvor, aber das heisst noch lange nicht, dass sie auch gute Textschreiber sind. Früher hatte man Komponisten/Textschreiber auf der einen, und Musiker/ Künstler auf der anderen Seite, aber der heutige Zustand hängt auch bestimmt eng mit dem Copyright zusammen. Die meisten haben einfach nichts, über das sie schreiben könnten, denn ihre einzige Lebenserfahrung besteht aus den paar Tourneen, die sie machen. Viele der Nummern, die man hört, sind dann auch nur aus drei Standard-Akkorden und irgendwelchen Wörtern zusammengebastelt, damit die Sache zumindest abgerundet aussieht. Aber ich finde Elton John astrein und ich würde auch gegen Bacharach oder David Bowie nie ‚was sagen. Paul Simon macht auch sehr dufte Musik, aber ich persönlich werde mehr von Cole Porter, Gershwin oder Gerome Kern angezogen.‘ Wie sehen eigentlich deine Pläne mit Roxy Music aus?

‚Ich habe Roxy Music gegründet, um meine eigenen Nummern spielen zu können. Meine Musiker sind Leute, mit denen ich alles spielen kann, deshalb sind die LPs auch immer sehr abwechslungsreich. Ich bin stolz darauf, dass das Publikum die ganzen Veränderungen mit uns akzeptiert hat. Aber ich spiele auch sehr gern mit anderen Musikern, einfach deshalb, weil das immer neue Möglichkeiten bietet. Ich meine Streicher oder Bläser. Auf meiner nächsten LP wird man Sachen hören, die ich allein mit meiner Band nicht machen könnte. Das ist auch ganz gut für mich, dann brauche ich keine Angst zu haben, dass es mich langweilen wird.‘

WER WIRD DIE MILLION GEBEN?

Hast du keine Angst, dass die Texte bei nicht-englischem Publikum nicht ankommen?

‚Das ist in der Tat ein Punkt, über den ich mir schon oft Gedanken gemacht hab Vielleicht sollte ich vor den Konzerten ein Programmheft austeilen lassen, in welchem die Texte übersetzt sind. Das wäre auch nicht schlecht für uns, dann müssten wir uns nämlich etwas genauer an die Reihenfolge der Songs halten. Wir haben auf dem Kontinent mehr das Image einer Heavy-Gruppe und nicht so wie hier, das einer Diskotheken Band. Unser Publikum ist drüben viel älter, man bewertet uns dort mehr unter einem literarischen und intellektuellen Aspekt. Aber ich finde es sehr dufte, auf beiden Seiten zu operieren. Einer meiner grossen Pläne ist, einen Film zu machen, aber ich warte noch immer auf den Typ, der einige Millionen investieren will… Im Augenblick habe ich noch kein Manuskript, aber hunderttausend Ideen, die ich nur noch ordnen muss. Ich stand immer auf Fred Astaire, Gene Kelly und Carmen Miranda! Die Zeit ist wieder reif für einen guten Rock-Film, denn das beste, was hier im Augenblick läuft, ist Cliff Richard, der auf einem Doppelbus Sommerferienlieder singt.‘ Wirst du auch selbst in dem Film eine Rolle spielen?

‚Ach ja, ich glaube wohl, dass jeder Lust dazu hat, es muss doch sehr jovel sein, sich später im Kino anschauen zu können, und zu sehen, wie man früher war. Ich finde

die Art und Weise, wie Hitch

cock seine Filme dreht, unheimlich gut. Das Besondere ist, dass sie ganz die Charakterzüge von ihm selbst tragen.‘ Besieht die Möglichkeit, dass du dich eines Tages von der Musik zurückziehen wirst, um dich ganz dem Film zu widmen?

‚Alles ist natürlich möglich, ich bin ein Typ, der Abwechslung braucht, und ich fand‘ es fürchterlich, wenn ich die nächsten Jahre an das, was ich jetzt mache, gebunden wäre. Vielleicht möchte ich mal damit aufhören und eine Zeit später darauf zurückkommen. Vorläufig fühl‘ ich mich ausgezeichnet und ich glaube nicht, dass ich der Musik adieu sagen werde, aber wer weiss…‘