CD-Platten


Die Tücken der Digitaltechnik spielten den in der Gütekontrolle verantwortlichen Technikern letzthin wieder mal einen Streich: Die komplette CD-Auflage des Talking Heads-Soundtrack STOP MAKING SENSE (EMI CDP 7 46064-2) ist defekt! Gegen Ende des ersten Titels (ab 4. Minute und 10. Sekunde, um präzis zu sein) und zu Beginn von „Life During Wartime“ (ab der 4. Sekunde) hört man satte „Plopps“, die auf der schwarzen Scheibe nicht vorkommen.

Offenbar wies die zum CD-Transfer benutzte PCM-Bandkopie so große Datenlücken auf, daß beim Überspielvorgang hörbare Störungen entstanden, die im Preßwerk der Polygram niemandem auffielen. Denn um einen Aufnahmefehler kann es sich logischerweise nicht handeln, da der auch auf der analogen Plattenpressung wahrnehmbar sein müßte. Was nicht der Fall ist.

Einzige Konsequenz für den CD-Fan: die Scheibe reklamieren und die Talking Heads fürs halbe Geld auf herkömmlicher Platte genießen.

Die Independents, die bis vor kurzer Zeit noch Cassetten als preiswerten Alternativ-Tonträger (billig zu kopieren!) neben der LP zu favorisieren schienen, sind jetzt auch auf den CD-Geschmack gekommen. Eines der ersten Resultate ist TOURE KUNDA LIVE (EfA-Vertrieb 34-6972), ein Konzertmitschnitt, der mit knapp 65 Minuten Spieldauer erfreulichen Gegenwert bietet. (Neil Youngs letzte CD brachte es auf knapp 25 Minuten Musik!) Nur könnte man bei den Alternativ-Labels auch etwas professioneller arbeiten. Die Afro-Rock-CD weist zwar zehn Titel auf, aber nicht die einzelnen Spielzeiten und keinerlei Subcodes, so daß man die jeweiligen Stücke nicht direkt anwählen kann, wenn man sie gezielt hören möchte. Etwas mehr Information über die Produktion hätte auch nicht geschadet!

Wesentlich informativer ist auch NIGHT MOVES von Chris Bekker’s Splash (Polydor 3112-44) nicht: Ulkigerweise wurde die Poly-Gram-Produktion bei CBS/Sony gefertigt, und wer nicht perfekt Japanisch spricht, wird vom rein japanisch verfaßten CD-Inlet soviel kapieren wie ein Känguruh von höherer Mathematik.

Im übrigen waren die Lieferengpässe bei den CD-Fabriken in den letzten zwei Monaten so katastrophal, daß sich die Suche nach bestimmten Titeln abenteuerlicher gestaltete als die Jagd nach dem grünen Diamanten im gleichnamigen Film. Bei RCA komplettierte man weiterhin den David Bowie-Katalog. Jüngste CD-Wiederveröffentlichungen sind ALLADIN SANE (RCA PD 83890) und PIN-UPS (RCA PD 84653). Der baßlastige, muffige und ziemlich klaustrophobische Studio-Sound beider Platten ist allerdings alles andere als ungetrübtes Hörvergnügen.

Da klingen trotz Ping-Pong-Stereo die 17 GREATEST HITS von Gladys Knight and the Pips (Motown ZD 72299) einige Klassen besser. Ganz zu schweigen davon, daß die Dame ihre Soul-Hits phantastisch sang – und etliche dieser Cover-Versionen von Marvin Gaye- und Temptations-Songs längst Klassiker des anscheinend unerschöpflichen Motown-Repertoires sind.

Apropos Oldies auf CD: Die angekündigte Lovin‘ Spoonful-Anthologie ist leider immer noch nicht da. Aber von den Turtles erschien gerade als CD 20 GREATEST HITS (Rhino Records RNCD 5160). Nur hatten die Jungs nie 20 „Richtige“ in der Hitparade; und an das Sextett um Howard Kaylan und Mark Volman erinnert man sich am ehesten wegen solcher Ohrwürmer wie „She’d Rather Be With Me“ und „Happy Together“: Weltergewichts-Pop von 1967, als sich die Lonely Hearts Club Band vom Sergeanten Pepper schon anschickte, den Lauf der Popmusik gründlich zu verändern.

Und die 20 Greatest Hits von Creedence Clearwater Revival auf CHRONICLE (Fantasy821 742-2) sind denn doch von ganz anderem Kaliber. Und ob man sich auf den gerade als Digitalplättchen erschienenen Talk Talk-Bestseller IT’S MY LIFE (EMI CDP 7 46063-2) noch so erinnern wird wie an John Fogertys größte Jahre, ist zweifelhaft. Der klangliche „Mehrwert“ ist gegenüber der LP fast gleich Null.

Anders verhält es sich mit den jüngsten Wiederveröffentlichungen von Bryan Ferry: ANOTHER TIME, ANOTHER PLACE (EG 813 654-2) und THESE FOOLISH THINGS (EG 823 021-2) sind zwar keine audiophile Offenbarung, aber klanglich einiges besser als auf LP.

DIAMOND LIFE von Sade (Epic CDEPC 26044) mußte ich gar nicht mit der Analog-LP vergleichen, denn das hier angekommene Exemplar war unnötig verwellt. Da ist halt die CD im System-Vorteil. Dieser Top-Seiler war bislang in nur lächerlich geringer CD-Auflage erhältlich.

Besonders gute Beziehungen mußte haben, wer Roger Hodgsons Solo-Opus IN THE EYE OF THE STORM (A&M CD-5004) erwischen wollte. Denn die US-Importe fließen immer spärlicher in bundesdeutsche Gefilde, seit die amerikanischen Preise um acht Dollar reduziert wurden, der Dollarkurs aber astronomische Höhen erreichte. Den manchmal ziemlich süßlichen HiFi-Pop des Ex-Supertramp-Mannes bezahlt man darum auf CD extrem teuer, solange sie nicht „offiziell“ bei uns erscheint.

CD des Monats ist nicht das Southside Johnny-Opus IN THE HEAT (Polydor 823 747-2) mit den vergleichsweise zu vielen schwachen Songs, sondern Peter Wolfs Solo-Debüt LIGHTS OUT (EMI America CDP 7 46046-2): aktueller R & B vom feinsten.

Und ärgerlich an der Julian Lennon-CD V ALOTTE (Virgin 610 251) ist nur, daß sie die Maxisingle-Titel „Big Mama“ und „Bebop“ nicht enthält. Die knapp acht Minuten hätte man auf der Digitalscheibe noch bequem unterbringen können oder müssen.