Counting Crows


ASTRONOMISCH MELANCHOLISCH MAG Adam Duritz vielleicht klingen, aber wenigstens schüttet er sein Herz aus. Abend für Abend, bis zum letzten Tropfen. So intim sind seine Songs, dass sich manche Texte über die Jahre mit den zugehörigen Stories aus Duritz‘ Leben verändern. Der einzige europäische Chart-Erfolg „Mr. Jones“ beispielsweise (in Hamburg gleich als Opener aus dem Weg geräumt), erhält einen aktuellen Zusatz: „Mr. Jones and me, we don’t see each other much anymore“. Zugegeben, das ist mehr Information, als wir brauchen, schafft aber von Beginn an eine persönliche und familiäre Atmosphäre. Duritz ist ein offenes Buch und die Fußnoten liefert er gleich mit:“That song got so much better, once I realized the girl is a bitch, honestly“, erzählt der Nordkalifornier traurig lächelnd, bis man froh ist, nicht selbst ein Teil des intimen Privatlebens der Plaudertasche zu sein. Und besagte Nummer ist in der Tat besser geworden, die hypnotisch-paranoide Version des vergessenen „Mercury“ aus „Recoveringthe Satellites“ ist der Gipfel an Intensität: Die Dreadlocks tief in blaues Licht getaucht, flüstert, wimmert, bettelt und schreit sich Duritz für eine kleine Ewigkeit durch die halbakustische Nummer, bis die 2000 gegenüber erleichtert und erschöpft in Donnerapplaus ausbrechen dürfen. Wer die Krähen zählt, der kommt bei dieser Tour auf sieben:Teilzeitmitglied David Immergluck verstärkt die Saiteninstrument-Fraktion mit Mandoline und Gitarre. Das kann in lauteren Momenten bei drei Gitarren plus Pedal-Steel plus Luftgitarre (Duritz) zu Soundmatsch führen, selten aber in wirklich störendem Maße. Die Counting Crows begannen als Coffee-Shop-Combo in San Francisco und haben sich diese zurückgelehnt-gleichgültige Präzision erhalten – selbst die Weltbühnenpremiere „Amy Hit The Atmosphere“ kommt fantastisch entspannt rüber. Laut Duritz steht als nächstes ein Album mit Coverversionen vergessener Songblüten an, und das verspricht, interessant zu werden: Eine lupenreine mehrstimmige Version von Gram Parsons‘ Klassiker „Return Of The Grievious Angel“ war das Eintrittsgeld fast alleine wert. Am Schluß, nach den Zugaben „Long December“ und „Colorblind“, sitzt Duritz auf dem Klavier und wiegt den Kopf wie ein trauriger Dackel. Seine Augen wandern über die entkrampften Gesichter der ersten Reihen, die Saalluft ist schwer harmoniegeschwängert. Irgendwo schreit ein Mädchen hysterisch „Raining In Baltimore“ und alle lachen. Sogar Duritz. Ein bisschen.