Crosby, Stills und Nash


Seinem malerischen Namen zum Trotz ist dieses „Great Woods“ ein mäßig schöner Freiluft-Zweckbau mit dem Charme einer notgelandeten Raumstation. Und hier ist die Hölle los. Rund 15.000 Fans schnellen im ausverkauften Rund aus ihren Sitzschalen, als stünden sie unter Strom.

Dabei schlurft doch bloß ein asketischer und noch recht jungenhaft wirkender Mittvierziger zum Piano am linken Bühnenrand und stimmt die ersten Akkorde eines hübschen, harmlosen Liedchens an, das er vor ziemlich genau 20 Jahren der breiten Öffentlichkeit erstmals vorstellte: „Our House“.

Die Ekstase des Publikums angesichts des Auftritts von Graham Nash ließe sich vielleicht noch halbwegs nachvollziehen, wenn dieses Publikum aus ergrauten Woodstock-Veteranen bestünde, die an diesem schwülen Sommerabend nostalgietrunken in seligen Erinnerungen schwelgten. Doch die überwältigende Mehrheit der Besucher im „Great Woods“, das eine knappe Autostunde südlich von Boston liegt, war noch nicht einmal gezeugt, als „Our House“ entstand. Es war – like punk never happened.

Crosby, Stills und Nash haben längst ihren Frieden mit sich und ihrer nachgewachsenen Anhängerschaft gemacht. Dabei zehren sie im wesentlichen von ihrer Vergangenheit. Die Kids begrüßen zwar auch die Schlüsselsongs vom neuen Album LIVE IT UP mit aufmunterndem Beifall. Doch geradezu frenetisch reagiert die Fan-Gemeinde nur, wenn Stephen Stills den Klassiker „For What It’s Worth“ anstimmt oder Graham Nash selbst auf den reaktivierten „Marrakesh Express“ springt.

Immerhin legt das Trio Kondition und Enthusiasmus an den Tag. Mehr als zweieinhalb Stunden lang streifen die Drei durch musikalisches Altwasser und sicheres Neuland, mal akustisch, mal mit Band-Verstärkung. Crosbys Solo-Material berücksichtigen sie dabei ebenso wie die Rocker-Ambitionen von Stephen Stills, der sich mit Flying V-Gitarre vor dem Schmerbauch in Pose wirft. Und der gute Mensch Graham Nash ist derweil für die Message des Ganzen zuständig.

Der Abend endet schließlich mit lärmenden Gruppen-Sitzungen von „Woodstock“ und „Teach Your Children“, die dennoch im Taumel der aufgedreht mitgröhlenden Teenager fast untergehen. Man kann verstehen, warum Neil Young, der einstige Weggenosse der drei vitalen Rock-Opas, keine Lust auf eine solche Reunion-Tour verspürte.