Der Rockschneider


Die Elite der US-Musikszene läßt sich von Tommy Hilfiger einkleiden. Dabei fing auch für ihn alles mit der Jeans an.

Ich liebe die Idee, daß Musik und Mode zusammengehören. In meinen Shops in Beverly Hills und New York City habe ich deshalb jeweils eine komplette Etage ausschließlich für die Ausstattung von Musikern eingerichtet.“Tommy Hilfiger, derzeit angesagtester Schneider der amerikanischen Musikszene, hat die Zeichen der Zeit offenbar erkannt: Der richtige Look ist im Popgeschäft mindestens so wichtig wie die richtige Note. Nicht nur Hilfigers prominente Kundschaft, sondern auch sein Jahresumsatz von 400 Millionen Dollar unterstreichen dies eindrucksvoll. Der smarte Herr im Nadelstreifen-Anzug kann mit dem Erreichten zufrieden sein.

Im Gespräch plaudert der 44jährige Selfmademan denn auch locker, entspannt und charmant über seinen Werdegang. „Meine erste Jeans habe ich 1969 in meiner Heimatstadt Elmira, nicht weit von New York, verkauft. Damals schauten wir uns die Plattencover unserer Lieblingsbands an und wollten so aussehen wie unsere Idole.Jedoch konnte man die Klamotten bei uns nicht kaufen. Also fuhr ich mit einem Kumpel nach New York, kaufte dort ‚Bell Bottom Jeans‘ im Wert von 150 Dollar ein und verkaufte sie zu Hause mit Gewinn.“ Nach und nach eröffnete der clevere Hosenhändler eigene Läden. Nebenbei kümmerte sich der begeisterte Hobbybassist in den 70er Jahren auch um die Kleidung für lokale Musikgruppen. Und 1979 geriet ihm ein dicker Fisch an die Angel: Die J. Gells Band holte Tommys modischen Rat für ihr Bühnenoutfit ein. Spätestens jetzt hatte Hilfiger seine Berufung gefunden: „Eigentlich wollte ich schon immer Kleidung für Musiker entwerfen.“ Kurze Zeit später erblickte die erste Hilfiger-Kollektion das Licht der Welt. Mit klassischer Herrenmode und Sportswear machte sich Tommy schnell einen Namen. Und er kümmerte sich weiterhin intensiv um seine Freunde aus der Popwelt. Vor allem die aufkeimende Hip Hop-Bewegung hatte es ihm angetan. „Mir gefielen die Klamotten der HipHop Kids, sie waren cool, ursprünglich und echt.“ Hilfiger veredelte die Ideen der Street Kids zu bunten Modekollektionen – und wurde so in kürzester Zeit zum hippesten HipHop-Designer.

Inzwischen liest sich seine Kundenliste wie ein Who’s Who der US-Szene: Wu-Tang Clan, Snoop Doggie Dogg, Coolio und Jodecy zeigen sich ebenso in Hilfigers Garderobe wie Metallica, David Bowie, Smashing Pumpkins oder Mariah Carey. Zudem versuchte sich der rührige Modemacher auch als TV-Host: In einer MTV-Show interviewte er Rockgrößen wie Tori Arnos, Stevie Nicks und Evan Dando zu Modefragen. Seine hervorragenden Kontakte zur Musikwelt versteht Hilfiger in vielfacher Weise für sein Unternehmen zu nutzen. So spannte der Modemann Jackson Brownes Sohn Ethan als Model für das Duftwasser „tommy“ ein, das ab Herbst zusammen mit der Herren-Kollektion auch hierzulande erhältlich ist. Hilfiger erzählt: „Ethan interessiert sich wie alle weißen Kids in Amerika für HipHop. Er war ganz begeistert von der Idee, als Model zu arbeiten.“ Vom Honorar wohl auch. Sogar Produzentenlegende Quincy Jones arbeitet für Mr. Hilfiger. Die graue Eminenz der schwarzen Musikszene ließ es sich nicht nehmen, exklusiv für die Hilfiger-Promotion-CD mit dem schönen Titel „World Tour- A Fashion And Music Celebration“ zwei Titel zu produzieren. Betreut wurde dieses CD-Projekt übrigens von Andy Hilfiger.Tommy: “ Mein Bruder Andy war schon immer Musiker. Er hat von mir den Bass übernommen und später sogar bei Blue Oyster Cult mitgespielt. Seit einigen Jahren arbeitet Andy für unsere Firma und pflegt die Kontakte zur Musikszene. Quincy Jones wollte Andy vor ein paar Jahren sogar als Talent-Scout einstellen,da erwußte.daßjunge Bands zuerst zu uns kommen, um sich bei uns den richtigen Look verpassen zu lassen. Erst dann kümmern sie sich um einen Plattenvertrag.“ Nicht nur Hilfiger, auch Musiker wissen: erst das Hemd,dann die Gitarre.