Der Steher


Das ständige Auf und Ab seiner langen Karriere kann Ian Hunter nicht erschüttern

Gitarristen pflastern seinen Weg durch alle Höhen und Tiefen: Mit Saitenmann Mick Ralphs gründete lan Hunter im Jahr 1969 Mott The Hoople, die bis zu ihrer Trennung im Jahr 1975 zu den wichtigsten Bands der britischen Inseln gehörten. Gemeinsam mit Gitarrero Mick Ronson spielte Hunter in der Hunter/Ronson-Band – bis zum Tod des ehemaligen Bowie-Sideman Ronson im Jahre 1993. „Im Studio spielte Mick eine Stunde lang Müll, und dann passierte es, dann kam die ganz besondere Melodie“, erinnert sich der heute 50jährige Hunter, der die letzte Lebenswoche seines Freundes an dessen Seite verbrachte. „Wir hatten zwei Jahre Zeit, um uns mit dem Gedanken anzufreunden, daß er unheilbar an Krebs erkrankt war. Als er dann starb, war es wie eine Erlösung.“ Hunter erbte Mick Ronsons Gitarrensammlung. Eine Erbschaft, die lan auf seinem neuen Album (‚The Artful Dodger‘) brillant einzusetzen weiß. Die Platte ist ein grandioses Rockwerk geworden, das unverkennbar autobiographische Züge trägt. „I never missed an opportunity to miss an opportunity“, singt lan Hunter gleich im ersten Song (‚Too Much‘). Und wirklich: Besser läßt sich das Auf und Ab in der Karierre Hunters nicht beschreiben. Immer, wenn er ganz oben war – wie damals, als David Bowie ihm für Mott The Hoople den Song ‚All The Young Dudes‘ überließ – machte er sich kurze Zeit später aus dem Staub. „Bei Mott habe ich leider genau das gekriegt, weswegen ich irgendwann mal von zu Hause abgehauen war: jede Menge Einschränkungen. Wobei die Grundidee des Rock’n’Roll doch Freiheit ist.“ Genau deswegen nahm Hunter sich auch die Freiheit, eine Solokarriere zu starten – oder auch mal sieben Jahre Pause zu machen. „Ich ging in die USA und heiratete meine Frau Trudi.“ In diesem Jahr feiert das Paar Silberne Hochzeit. Nach Amerika ging Hunter aber auch, „weil ich mein Geld behalten wollte. In England sollte ich 69 Prozent Steuern abdrücken. Das war mir dann doch etwas zuviel. Meine Kollegen von Mott The Hoople wollten nicht mit nach drüben. Sie kauften sich in England Häuser. Im Jahr darauf kam die Steuer und nahm sie ihnen wieder weg.“ lan Hunter fand seine neue Heimat in Connecticut. Sein musikalisches Zuhause indes liegt derzeit im norwegischen Trondheim. Dort traf er den Produzenten Björn Nessjö, der maßgeblichen Anteil an der Entstehung des Albums ‚The Artful Dodger‘ hatte. Neben Foreigner-Drummer Dennis Elliott spielen auf der Platte eine Reihe junger skandinavischer Musiker mit. Einer von ihnen, der Schlagzeuger Per Lindvall, hat es Hunter besonders angetan. „Der hat schon als isjähriger bei Abba getrommelt“, grinst der immer noch blondgelockte lan. Doch Lindvall kann froh sein, daß er nicht Gitarre spielt. Sonst nämlich wäre Hunters Segen an ihm vorbeigegangen. „Ich mag Gitarristen nicht besonders“, erklärt er trocken. „Was ich brauche, ist ein Songwriter an meiner Seite, der auch Gitarre spielen kann, weil er dann was von Melodien versteht.“ Einen wie Mick Ronson also? „Ja, aber der hat ja leider überhaupt nichts vom Business verstanden. Tina Turner wollte mal, daß Mick mit ihr ein Album produziert. Er flog nach New York. Aber statt dort seine Fähigkeiten zu unterstreichen, hat er ein paar Schlips- und Kragentypen von Tinas Plattenfirma derart vor den Kopf gestoßen, daß er gleich wieder abreisen durfte. Mick war eben wirklich ein Chaot.“