Die altvertraute Metal-Schlachtplatte: Iron Maiden melden sich zurück


NEW YORK. Im „Ritz“ dampft es wie in den Sümpfen von Louisiana: Die Klimaanlage ist kaputt. Null Probleme für eingefleischte Maiden-Fans. Die sind, „Maiden! Maiden! Maiden!“ gröhlend, längst zu einem schweißverklebten halbnackten Menschenknäuel verschmolzen. Und als die Band mit dem Titelsong des neuen Albums „Fear Of The Dark“ loslegt, werden die fünf britischen Metal-Arbeiter mit einem Club-Ritual der 90er Jahre begrüßt: Slam Dancing und eine Variante des Stage Diving, bei der Fans auf die Schultern von Freunden steigen und von dort aus in die Menge tauchen.

Sänger Bruce Dickinson ist nicht amüsiert. „Uißt diese Idioten auf ihre Fresse fallen, tretet einfach zur Seite“, mosert der Maiden-Frontmann jungfräulich pikiert ins Mikro. „Chili out. Junge“, brummt neben mir ein Fan, „du beginnst wie dein Vater zu klingen. „Der Kuß des Todes für jeden Metal-Matador. Als habe der 34jährige Sänger die Bemerkung gehört, entschuldigt er sich kurz darauf mit der schmalbrüstigen Rechtfertigung, er habe nur befürchtet, die Slam Dancer könnten andere Fans verletzen. Und das von einem Mann, der von Krieg, Satansanbetung. Tod durch Strangulierung oder, wie im Opener, von Tod durch Folterung singt?! In der Tat, Brucie, chill out!

Ansonsten ist alles beim alten: Dikkinson ist noch immer der Hardrock-Heldentenor, dessen Stimme in Sekundenschnelle von einem durchdringenden Klageschrei zu einem schmutzigen Knurren finden kann. Das Markenzeichen der Band, die donnernden. ¿

zweigitarngen Instrumentalpassagen sowie Dave Murrays in den Saal geschossenen Gitarren-Arpeggios, vereint mit Nicko McBrains gestochen klaren Trommelschlägen, verfehlen auch im Ritz nicht ihre Wirkung. Die gut aufgekochten Fans sind in voller Fahrt. Die Saaltemperatur erreicht gesundheitsgefährende Celsiusgefilde.

Die Band erkennt offensichtlich die Lage und versucht imaginäre Bremsklötze zwischen die Instrumente zu klemmen. Vielleicht lag der gelegentliche Leerlauf auch nur an dem gemischten Salat von ein oder zwei Songs fast jeder bisher erschienenen LP. Und nur zwei Mal verließ die Band die gewohnte Tempozone, für „Afraid To Shoot Strangers“ und „Wasting Love“. eine neue Ballade (von der aktuellen LP) über Einsamkeit und Promiskuität.

Die Maidenheads tolerierten den sentimentalen Ausflug gewissermaßen als MTV-Steuergroschen. Mag eine Band wie Metallica derartiges Metal-Softeis auch besser servieren, mögen andere Speed-Metal-Bands schneller, smarter und weniger gefühlsduselig sein, so können sich Iran Maiden unbesehen auf die Loyalität der Fangemeinde verlassen. Die fraßen den Briten denn auch an diesem Abend die altvertraute Metal-Schlachtplatte. wie gehabt, bereitwillig aus der Hand.