Die letzte Tour der Rolling Stones?


Jetzt rollen sie wieder. Nach über zweijähriger Konzertpause trafen sich Mick Jagger, Keith Richard, Bill Wyman, Charlie Watts und ihr neuer fünfter Mann Ron Wood zu einem ausgedehnten Europa-Trip. Wenige Tage nach Veröffentlichung der neuen Stones-LP „Black And Blue“ begann am 28. April in der Frankfurter Festhalle eine der härtesten Tourneen der Rock-Geschichte. Elf Auftritte in Deutschland, Konzerte in der Schweiz, Österreich und England sowie zwei Super-Show in den Haag und Nizza, wo Mick Jagger & Co. sogar in Fußballstadien spielen. Insgesamt werden rund 500 000 Fans das neue zweieinhalbstündige Programm der ,Rock And Roll All Stars‘ erleben. Dann zerstreuen sich die fünf Stones wieder in alle Himmelsrichtungen – vielleicht für immer!

Die Zukunft der Rolling Stones ist ungewiß. Schon seit Jahren kommen sie nur noch zu geschäftlichen Besprechungen und für eine gemeinsame Tournee oder Plattenaufzeichnung zusammen. Als .härteste Gruppe der Welt‘ sind sie noch immer recht gut im Geschäft. Aber: It’s Only Rock’n’Roll! Heute verbindet nur noch die 15jährige Geschichte des Namens Rolling Stones die Musikbesessenen von gestern. ,Privat‘ leben sie weit voneinander getrennt, persönliche Differenzen und Steuerprobleme haben sie auseinandergetrieben, und durch ihre verschiedenen Solo-Projekte entfernen sie sich immer weiter voneinander.

Mick Jagger: „Ein paar Wochen Rolling Stones im Jahr sind vollauf genug!“ Jeder von uns hat längst auch ganz andere Interessen. Außerdem lassen uns die Steuerbehörden sowieso nur noch einen geringen Prozentsatz unserer Einnahmen…“

STEUERPROBLEME

„Wenn wir weiterhin unseren Hauptwohnsitz in England hätten“, erklärt Bill Wyman, ,,würde das Finanzamt über neunzig Prozent Steuern von uns kassieren. Und das ist auch der Grund, warum wir uns wie viele unserer Kollegen ins Ausland abgesetzt haben. Allerdings brauchen wir deshalb unsere Häuser in England nicht aufzugeben – wir dürfen uns nur nicht darin aufhalten. So unsinnig ist das Gesetz: wenn ich ein paar Tage in London bin – das kann mir niemand verwehren – dann schlafe ich im Hotel!“ Kein Wunder, daß sich die Stones in England nur noch selten und schon gar nicht gemeinsam blicken lassen. Nur auf Tournee. „Die Auftritte dienen eigentlich hauptsächlich als Promotion für das neue Album.“ gesteht Mick Jagger. „Eine Tournee bringt uns kaum direkten Gewinn. Auf einer solchen Konzertreise verpulvern wir so viel Geld für Flüge, Hotels und diverse Extras, daß schließlich kaum etwas übrig bleibt.“

Eine Stones-Tournee bedeutet also in erster Linie Unterstützung für den Plattenverkauf, ein notwendiges Übel aus Gründen der Publicity.

JAGGER: GUTE MIENE ZUM ,BÖSEN SPIEL‘

Schon vor Jahren hat Mick Jagger verlauten lassen, daß er sich kaum vorstellen kann, mit 30 noch als Rocksänger auf der Bühne zu stehen. Nun ist er 32 und spielt noch immer den wilden Mann. Die Plattenverträge, von ihm und den Stones abgeschlossen als er 28 war. zwingen ihn dazu. Aber nicht mehr lange. „.Wir sind nur bis einschließlich 1977 vertraglich gebunden“, verrät Bill, „…was danach kommt, wissen wir selbst noch nicht genau.“ fügt Mick hinzu. „Man sollte sich über die Zukunft nicht allzu viele Gedanken machen – schon gar nicht, wenn es eine ganze Gruppe betritft. wir haben bei den Stones noch niemals länger als eineinhalb bis zwei Jahre vorausgeplant. In dieser Zeit kann so vieles passieren…“ Vielleicht widmet sich Mick Jagger ganz seinen ehrgeizigen Filmprojekten, vielleicht möchten Keith Richard und Ron Wood alleine weitermachen, und besiegeln ihre Freundschaft mit gemeinsamen Plattenveröffentlichungen, vielleicht hat Bill Wyman Glück mit seinen LP-Produktionen im Alleingang? Dann jedenfalls wäre diese Tour der letzte große Coup der Rolling Stones.

Bill Wyman erklärt dazu nur eines: „Ende nächsten Jahres fällt die Entscheidung. Wenn unsere Verträge auslaufen – dann können wir aufhören!“