Die Pop-Kolumne von Dirk Peitz


Das Messer im Kopf des Hummers oder Whoa-oh-oh oh-oooh oh-oh-oh.

iTunes-Singlecharts,

21. September 2011, Platz 11: Coldplay, „Paradise“

Es war einmal ein Mann, der hatte eine Frau, die schrieb ein Blog voll mit Dingen, die ihr offenbar mitteilenswert schienen. Kochrezepte und Lebenskonzepte und so. Und irgendwann kam ein Kochbuch dabei heraus mit ganz viel Leben darin. Also gab die Autorin zur Feier ein großes Essen bei sich und dem Mann zu Hause. Sie lud sich nur die 60 besten Freunde ein: Jay-Z, Michael Stipe, Jerry Seinfeld, Cameron Diaz und den „New Yorker“ zum Beispiel, weshalb im „New Yorker“ dann später auch ein schöner Dialog zu lesen war. Und der ging so:

Christy Turlington (Supermodel): „Die beiden machen ja alles selbst, inklusive des Hummertötens. Nicht das Topf-mit-kochendem-Wasser- und-kreischende-Hummer-Ding. Es ist ein anderer, schnellerer Ansatz. Ich könnte das niemals tun.“

Mario Batali (Superkoch): „Man haut den Hummer vor einen Baum, oder wie?“

Christy Turlington: „Man rammt ihm ein Messer in den Kopf. Oh! Das klingt so schrecklich, wenn man es ausspricht.“

An diesem schönen Abend aber gab es gar keinen Hummer. Es gab geröstete rote Paprika mit Sardellen, Endiviensalat und Nudeln mit Entenragout. Spät erst erschien der Hausherr und kränklich, worauf ein PR-Mann flüsterte, er, der Hausherr, wolle heute mit niemandem reden.

Vielleicht hatte Chris Martin ja auch nichts zu sagen. Ein halbes Jahr nach Gwyneth Paltrows Kochbuch „My Father’s Daughter“ ist nun die neue Single von Coldplay erschienen, und in ihr redet, beziehungsweise singt, Martin auch nicht viel. Der Text ist ziemlich kurz und besteht vor allem aus „Oh-ohs“, doch die Beschreibung des Paradieses, die doch eigentlich Inhalt dieses Liedes sein sollte, wurde glatt vergessen.

Vielleicht weiß Chris Martin ja auch nicht, wie es aussieht, das Paradies. Also singt er lieber von einer Frau: „She dreamed of para-para-paradise, para-para-paradise, para-para-paradise, whoa-oh-oh oh-oooh oh-oh-oh.“ Wie man den vielen „Oh-ohs“ so nachhorcht, stellt man sich vor, wie Gwyneth Paltrow und Chris Martin lange Messer in Hummerköpfe rammen. Und wenn sie nicht gestorben sind, also Paltrow und Martin, dann haben sie in der Zwischenzeit vielleicht nicht die Welt gerettet, aber bestimmt das Paradies gefunden, whoa-oh-oh oh-oooh oh-oh-oh.